Monika Grütters und Berlins Museen: Wann kommt endlich die Galerie der Moderne?
Die Vergleichsstudie zu einem Neubau für die Klassische Moderne in Berlin ist nun bald ein Jahr alt. Wie geht es weiter bei der Neuordnung der Berliner Museen? Kulturstaatsministerin Monika Grütters will das Land mehr ins Boot holen - und womöglich auch private Geldgeber.
Die Politik ist am Zug! Der Bund muss ran! Berlin ist gefragt! Die Bürger! Wenn in Kulturhauptstadtfragen Einigkeit herrscht, es aber am Geld fehlt, appellieren die Verantwortlichen gern an die jeweils anderen, die auch noch verantwortlich sind. So geschehen beim Einheitsdenkmal (Fledermäuse, Bodenmosaike: Berliner Tier- und Denkmalschutz bremst Bundeskultur aus!) und jetzt beim Museum des 20. Jahrhunderts. Genauer: bei der Frage, wo und wie die Kunst der Moderne einschließlich der als Schenkung versprochenen Sammlung Pietzsch endlich genug Platz findet in der einstigen Hauptstadt der Moderne. „Ich wünsche mir“, sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters am gestrigen Montag, „dass der Bund nicht allein dasteht, sondern dass es auch ein Mitwirken von der privaten Seite und von Berlin gibt“. Man arbeite mit Hochdruck daran, „alle Möglichkeiten auszuloten, um diesen Prozess zu beschleunigen“.
Eine Frage der Modalitäten: Wie wäre es, wenn ein privater Geldgeber baut und das Land das Museum mietet?
Ein interessanter, leicht sibyllinischer Zwischenruf. Schon wegen der Erwähnung des Hochdrucks. Seit der Machbarkeitsstudie vom August 2013 und der Empfehlung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Neue Nationalgalerie Mies van der Rohes um einen Anbau an der Sigismundstraße zu erweitern, wurde gründlich weiter diskutiert. Auch von Grütters selbst, die einen Standort an der Potsdamer Straße am Rand des Kulturforums bevorzugt. Aber bei der Finanzierung des rund 170 Millionen Euro teuren Museums der Moderne ist man keinen Schritt weiter. Wie auch: Die Preußenstiftung saniert die Museumsinsel, die erste Rate für die überfällige Instandsetzung des Mies-Baus ist bewilligt – alles sehr teuer. Vom Schloss und den 200 Millionen Bundes-Euro für die Berlin-eigene Staatsoper zu schweigen.
Da kann das Ausloten neuer Möglichkeiten zwecks Beschleunigung nicht schaden. Wie wäre es, wenn ein privater Geldgeber das Museum finanziert, das der Bund dann mietet? Wie wäre es mit der Überlassung eines landeseigenen Grundstücks, damit unter anderem die Pietzsch-Schenkung an das Land dort untergebracht werden kann? Oder zumindest mit logistischer Unterstützung von Seiten Berlins, was Planrecht und Baubewilligungen betrifft? Mit der Zusammenarbeit von Bund und Land steht es bekanntlich oft nicht zum besten. Zwar verstehen Grütters und Kulturstaatssekretär Tim Renner sich wohl recht gut, aber - Stichwort Fledermäuse - zwischen BKM und Berliner Bauverwaltung knirscht es im Getriebe.
Die Zeit drängt: Das Sammlerpaar Pieztsch will seine Surrealisten nur dem Land schenken, wenn die Schätze auch öffentlich gezeigt werden
Varianten beleben das Geschäft, zumal wenn Zeitdruck und Geldnot herrschen. Grütters weiß, dass der 84-jährige Heiner Pietzsch die Schenkung seiner Surrealismus-Schätze an die konkrete Aussicht auf eine teilweise öffentliche Präsentation geknüpft hat. Schon die Klassische Moderne selbst kann nur zu 20 Prozent in der Neuen Nationalgalerie gezeigt werden: eine unmögliche Situation, die sich erst ändert, wenn der Bund einen Neubau beschließt. Er begrüße es, so Stiftungspräsident Hermann Parzinger zum Tagesspiegel, "dass von Seiten der Politik verschiedene Optionen geprüft werden. Entscheidend ist, dass die Planungen auf ein solides Fundament gestellt werden." Allerdings frage es sich, welche der Optionen dies garantiere. Allen Beteiligten sei klar, "dass die Zeit drängt". Parzinger hofft, dass dieses Jahr zumindest eine Richtungsentscheidung gefällt werden kann. Mit anderen Worten: Im Herbst muss sich endlich was tun, wenigstens im Bundeskulturausschuss.
Wird Grütters die Haushälter mit der Eröffnung möglicher Varianten leichter dazu bewegen können, nach den Extrageldern für Museumsinsel, Mies-Bau und Lindenoper noch mehr für die Hauptstadt locker zu machen? Oder handelt es sich um ein Ablenkungsmanöver? Kann der Bund zu seiner Verantwortung für die ihm anvertrauten Sammlungen Marx und Marzona stehen, den tragischen Verlust der Sammlung Pietzsch befürchten, die Raumnot für die Klassische Moderne beklagen und gleichzeitig mit dem Finger auf andere zeigen?
Wenn alle Welt auf Berlin schaut, das für die Mehrkosten beim Staatsopern-Debakel aufkommen muss, wenn alle auf die denkmalgeschützten Mosaike am Einheitsdenkmal starren, fällt weniger ins Auge, was auf Bundesebene im Argen liegt. Beim Einheitsdenkmal wie beim Museum der Moderne und beim Humboldtforum im Schloss ist es die fehlende breite Öffentlichkeit und der schwache politische Rückenwind für die Projekte. Die Alten Meister in der Gemäldegalerie hatten schon immer mehr Fans.