Die Galerie Blain Southern beim Gallery Weekend: Wände bespielen
François Morellet hat eine Vorliebe für Linien und veranstaltet minimalistische Spiele mit Formen und Farben. Blain Southern zeigt seine Werke zum Gallery Weekend in der Potsdamer Straße.
Schwarze horizontale und diagonale Linien formieren sich mit leichten Verschiebungen zum Muster auf weißem Grund. Das Trägermaterial ist allerdings nicht Papier, sondern die gigantisch große Wand in der Galerie Blain Southern. Auf der Wand gegenüber verkehrt François Morellet alles ins Negative: Weiße, wieder horizontale und unterschiedlich ausgerichtete diagonale Linien auf schwarzem Vinyl-Grund bilden ein korrespondierendes Muster, das an Vögel nach japanischer Papierfaltkunst erinnert.
Das minimalistische Spiel auf großem Format, das der mittlerweile 89-jährige französische Künstler Fhier betreibt, stimmt ein auf die Arbeiten im Obergeschoss. Sechs abstrakte Gemälde greifen die Linienvariationen der Installation wieder auf und übertragen sie auf kleinere, quadratische Leinwände. Die so entstandene Begrenzung unterbricht jäh den freien Rhythmus der Linien, verändert gänzlich die Wirkung der Komposition.
Manchmal gerät man ins Taumeln vor Francois Morellets Arbeiten
Wenige reduzierte Elemente in großer Vielfalt zu variieren, sie an unterschiedlichen Medien zu erproben und mit ihrer Wirkung zu experimentieren – das hat den Autodidakten Morellet zeit seines Lebens gereizt. Seit den 50er Jahren konzentriert er sich auf die Abstraktion. Die früheren Arbeiten sind Vorläufer der Minimal Art. Einfache Formen wie Linie, Drei- und Viereck sowie der Kreis sind ständig wiederkehrende Grundelemente. Die Werke dieses Magiers der Linie und abstrakten Geometrie sind international bekannt. Seit 1964 war er dreimal auf der Documenta in Kassel vertreten, 1970 lud ihn die Biennale von Venedig ein. Seit dieser Zeit arbeitet Morellet auch mit Neon. Wie leichtfüßig er die Röhren in eine mathematisch errechnete Anordnung aus Lichtlinien verwandelt – wobei schwarze Kabel, welche die geraden Röhren verbinden, als geschwungene Linien den Kontrast dazu bilden –, zeigt die Arbeit „p weeping neonly“ auf der Galerie im Obergeschoss.
Morellet: "Ich habe mein Eingreifen auf ein Minimum reduziert“
Morellets Spiel mit Raumwirkungen und -wahrnehmung entwickelt in „Entre deux mers“ von 2013 eine ganz eigene Poesie. Zwei schief aufgehängte Leinwandquadrate sind durch eine gerade Horizontlinie verbunden, die durch zwei aufgelegte Flächen aus gebürstetem Stahl entsteht. Der Betrachter schwankt, ob er taumeln soll oder ihm die silbrig schimmernde Horizontlinie Orientierung verschafft. „Ich habe mein Eingreifen auf ein Minimum reduziert“, sagt Morellet, der daraus ein Maximum an Vielfalt geschaffen hat.
Galerie Blain Southern, Potsdamer Str. 77-87, bis 1. August
Angela Hohmann
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