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"Sprich oder ..." Micky wird bedroht von diversen Maskenmännern.
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Disney-Klassiker: Von Menschen und Mäusen

Floyd Gottfredson und Carl Barks gehören zu den berühmtesten Disney-Zeichnern. Zwei schön zu lesende Sammelbände erinnern an ihr Schaffen – sind allerdings nicht fehlerfrei.

Von den klassischen Disney-Zeichnern ist Floyd Gottfredson das Sorgenkind. Das liegt nicht an der Qualität seiner Comics, im Gegenteil. Ursache ist das Format, in dem diese erschienen sind: Gottfredson hat gut ein halbes Jahrhundert lang den täglichen Micky-Maus-Strip für die Tageszeitungen gezeichnet und die schmalen, breiten Strips stehen im Konflikt zum vorrangig auf hochformatige Comics ausgerichteten deutschen Disney-Comic-Programm.

Um Gottfredsons Strips zu präsentieren, muss man sie ummontieren, beschneiden, vergrößern oder verkleinern, kurz: ihnen durch drastische Bearbeitung den ganzen natürlichen Erzählrhythmus und alle Eigenheiten austreiben.

2007 erschien im Rahmen der „Hall of Fame“-Reihe so ein Band, das Ergebnis war ob seiner kruden Mischung verschiedenster Bearbeitungstechniken enttäuschend.

Der Auswahlband im Rahmen der „besten Geschichten“-Reihe, der aktuell erschienen ist, kann dieses Problem naturgemäß ebenfalls nicht umgehen. Auch hier finden sich Hoch- und Querformate und auf verschiedenste Art umgeschnittene Seiten in einem Buch.

Weil für diesen Band nur fünf, dafür sehr lange Erzählungen ausgesucht wurden, fällt das Kuddelmuddel allerdings als nicht ganz so schlimm auf. Drei Geschichten, immerhin 120 Seiten, folgen einheitlich der für die amerikanischen Comic-Hefte erstellten Montagefassung. Das lässt sich elegant durchlesen.

Abenteuergeschichten mit Pointen

Inhaltlich sind die Comics über jeden Zweifel erhaben. Gottfredson war ein Meister der langen Abenteuergeschichten, die er in kleinen Stücken täglich portionierte. Grade die vor dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Episoden sind verblüffend drastisch, oft eher von düsterer als milder Komik, abwechslungsreiche Actiondramen mit Micky Maus als selbstbewusster Hauptfigur.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wandelte sich der Tonfall etwas. Die Geschichten wurden luftiger, verträumter, verspielter. Der vorliegende Band fasst beide Schaffensphasen sehr schön zusammen. Höhepunkt: die Episode um Nazi-Saboteure im amerikanischen Hinterland, die wohl aus politischen Gründen bisher nicht auf Deutsch erschienen ist.

Da lang. Wie an der Wüstenuniform unschwer zu erkennen, sind viele von Gottfredsons Geschichten Abenteuerstories.
Da lang. Wie an der Wüstenuniform unschwer zu erkennen, sind viele von Gottfredsons Geschichten Abenteuerstories.
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Auf eine Darstellung der dritten Schaffensphase, in der Gottfredson nur noch tägliche Kurzgags produzierte, verzichtet der Band ganz. Das, wie die Auswahl insgesamt, kann man als geglückt ansehen. Und doch ist es wieder einmal Stückwerk. Nicht erfassen kann der deutsche Leser anhand dieses Auswahlbandes, wie sauber Gottfredson die Abfolge seiner Abenteuer choreographiert hat. Die gingen nämlich im Abdruck in den Tageszeitungen elegant ineinander über, statt klar definiert zu enden. Ebenso spielte Gottfredson mit einem wiederkehrenden Haupt- und Nebenfigurenpersonal, das er sukzessive erweiterte.

In Italien und den USA kann sich der Leser anhand umfangreicher Gesamtausgaben dieses klassischen Strips inzwischen ein Bild davon machen, wie Gottfredson große und kleine Erzählungen zu einer Großerzählung verwob. In Deutschland bleibt ihm nur die Ahnung davon.

Frau oder Ente?

Keine neue Auswahl, sondern dringend benötigter Nachdruck ist der Sammelband mit allen Geschichten um Oma Duck und Daisy Duck von Carl Barks. Die erschienen vor einigen Jahren schon mal auf Deutsch, sind aber nur noch zu Apothekerpreisen erhältlich.

Der aktuelle Band sammelt alle Geschichten in einem voluminösen Hardcover. Leider verschweigt das Impressum, dass Barks für sämtliche Geschichten nur die Zeichnungen erledigt hat, die Plots und Dialoge allerdings nicht von ihm stammen. Ebenso ist die Angabe, alle Episoden seien von Erika Fuchs übersetzt, falsch - gerade einmal die Hälfte ist es. In den alten Bänden war das noch richtig angegeben.

Das Leben auf dem Lande. Zeichner Carl Barks war selbst einmal Landwirt.
Das Leben auf dem Lande. Zeichner Carl Barks war selbst einmal Landwirt.
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Vor allem die Geschichten um die resolute Oma Duck auf ihrer Farm sind von ebenso nostalgischem wie autobiographischen Charme: Barks war selbst lange Zeit Farmer, die Erfahrungen flossen fraglos in seine beinahe lyrische grafische Darstellung des Farmlebens ein.

Die Darstellung von Daisy Duck als emanzipierte Frau, pardon: Ente (Höhepunkt: sie nimmt einen Job als Sekretärin an) wirkt dagegen aus heutiger Sicht antiquiert. Nichtsdestotrotz ein schöner Band mit etwas obskuren Geschichten aus dem Randschaffen des Entenmeisters Barks.

Floyd Gottfredson: „Die besten Geschichten von Floyd Gottfredson“. Ehapa, 176 Seiten, 22 Euro. Carl Barks: „Daisy & Oma Duck“, Ehapa, 184 Seiten, 24,99 Euro

Mehr Artikel von unserem Autor Stefan Pannor gibt es online unter www.pannor.de.

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