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Benjamin von Stuckrad-Barre.
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Benjamin von Stuckrad Barre: Von der Unmöglichkeit, Nein zu sagen

Nach dem Bestseller "Panikherz" veröffentlicht der KiWi-Verlag ein neues Buch von Stuckrad-Barre. Der bleibt nun „Nüchtern - am Weltnichtrauchertag“.

Er ist schon wieder da: Benjamin von Stuckrad-Barre. Hatte man kaum für möglich gehalten, nachdem erst vor einem halben Jahr mit viel Getöse sein autobiografisches Buch „Panikherz“ veröffentlicht worden war; ein Buch, in dem Stuckrad-Barre von seiner Kaputtness der frühen nuller Jahre erzählt, von Bulimie, Drogensüchten und Alkoholräuschen, von seinem Weg in den Journalismus und ins Popschriftsteller-Stardom und von seiner Freundschaft zu Udo Lindenberg. „Panikherz“ wirkt, als sei es radikal offen und ehrlich. Es ist durchzogen von einer schönen Neunziger-Jahre-Melancholie, doch auch von für Stuckrad-Barre typischer Lustigkeit, Selbstironie und Schnoddrigkeit. Ein Comeback, wenn man so will, wie es auch die Neunziger-Jahre-Pophelden Blur mit „Magic Whip“ hinbekommen haben, ohne damit zu vermitteln, dass mit ihnen auf Dauer wieder zu rechnen sei.

Von Benjamin von Stuckrad-Barre hieß es nach der „Panikherz“-Veröffentlichung und der anschließenden „Panikherz“-Tour, er würde Deutschland dann wieder den Rücken kehren und abermals für ein paar Monate nach Los Angeles ziehen, ins Hollywood-Hotel Château Marmont, einem wesentlichen Schauplatz seiner Autobiografie. Vielleicht zum Schreiben, zum Stoffsammeln, wer weiß.

Gestaltet hat das Buch der Hamburger Künstler 4000

Doch so einfach ist das nicht, ein Bestseller wie „Panikherz“ darf nicht folgenlos bleiben. Stuckrad-Barre kann jetzt nicht von der Ruhmesbildfläche verschwinden, da seien sein Verlag und wohl er selbst vor. Jetzt erscheint diese Woche ein neues Stuckrad-Barre-Buch, eines, das mit viel Wohlwollen gerade noch Büchlein genannt werden kann. „Nüchtern“ heißt es, „am Weltnichtrauchertag“, so der Untertitel, was sich zusammen schön liest.

Zwei schlanke Texte finden sich darin. Der eine davon, der längere übers Nichtrinken in Runden von dem Alkohol zusprechenden Menschen in Bars und Kneipen, ist 2012 in der „Welt am Sonntag“ erschienen. Man liest insbesondere diesen Text gern, auch ein zweites und drittes Mal, keine Frage. Er handelt schließlich von einem schwerwiegenden Problem: von der Unmöglichkeit Nein zum Alkohol im Nachtleben zu sagen – und der Unmöglichkeit, wenn man das trotzdem tut, all den Irrsinn um einen herum nachvollziehen zu können. Benjamin von Stuckrad-Barre tut das, und „Nüchtern“ ist so nicht zuletzt ein Text übers Alkoholtrinken, über Räusche. Der Witz mit dem Rauchen am Weltnichtrauchertag ist dagegen schnell verbraucht, da fehlt der Subtext.

Doch vor allem wirkt das von dem Hamburger Künstler 4000 (noch so ein Neunziger-Jahre-Held!) gestaltete Büchlein wie ein Marketing-Gag, ein weiterer Artikel für den Benjamin-von-Stuckrad-Barre-Merchandising-Stand. Ist eben nichts schwieriger, als nach einem Bestseller Ruhe zu finden; nichts schlimmer, als so schnell wieder in Vergessenheit zu geraten.

Benjamin von Stuckrad-Barre: Nüchtern. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2016. 75 Seiten, 8 €.

Juliane Oelsner

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