Maurice Steger und die Akademie für Alte Musik: Vivaldi Horror Picture Show
Effektvoll gegruselt: Blockflötenvirtuose Maurice Steger und die Akademie für Alte Musik legten Vivaldis Concerto „La notte“ als Schauerstück an - mit schrecklich schönen, eulenhaft hohlen Tönen.
Zu Halloween war ja gerade viel los, doch nirgendwo konnte man sich dieser Tage so effektvoll gruseln wie am Dienstag im Kammermusiksaal. Konsequent legten der Blockflötenvirtuose Maurice Steger und die Akademie für Alte Musik Vivaldis Concerto „La notte“, dessen zweiter Satz mit „Fantasmi“ (zu deutsch: Geister) überschrieben ist, als Schauerstück an. Schrecklich schöne, eulenhaft hohle Töne ließ Steger aus den Streicherfarben des einleitenden Largos aufsteigen, bevor er die folgenden Geistertänze in einen virtuosen Hexensabbat mit blitzartig zuckenden Läufen und schattenhaft tanzenden Klangkaskaden verwandelte. Doch mit einem Schlag war der Spuk vorbei – um einem einzigen, aschfahlen Celloton Raum zu geben, über den das Ensemble langsam ein düsteres Gespinst von noch halb schreckstarren Streicherklängen legte.
So großartig diese Vivaldi Horror Picture Show auch war, sie stellte nur eine Facette des verschwenderisch vielfältigen Programms mit vielen seltener gespielten Stücken aus dem Umfeld der Dresdner Hofkapelle dar. Die Akademie für Alte Musik erwies sich dabei als „Ensemble aus lauter Virtuosen“ (wie man einst die Dresdner lobte). Mehr noch als in der Vergangenheit weiß das Ensemble seine Virtuosität auch in der Diskretion zu zeigen.
An diesem Abend etwa, wenn jede der gleichmäßig trottenden Achtel des Fagotts auf die kontrapunktisch verschränkten Linien der Solooboen bezogen zu sein schien oder die Streicher hörbar auf das Spiel der als Continuo mitlaufenden Laute reagierten. Richtiggehend inszeniert wurde das Spiel mit Extrovertiertheit und Introvertiertheit in Wilhelm Friedemann Bachs spleeniger „Dissonanzen-Sinfonie“, die ebenso überraschend wie überzeugend mit einem schwerelos getanzten Menuett voller Melancholie und Wärme schloss.