Berliner Kulturforum: Visionen und Missionen
Zur Zukunft des Berliner Kulturforums gibt es viele Ideen. Bislang hat keine die Kraft, sich durchzusetzen.
Es ist immer wieder ein Quell der Freude, in den alten Unterlagen zum Berliner Kulturforum zu blättern. Da finden sich nicht nur herrliche Schmähformeln zur Beschreibung dieser ewigen innerstädtischen Brache – „autoverlauste Gegend“ voll „schaurigem Kunstgerümpel“, wetterte die Publizistin Ursula Baus im vergangenen Jahr –, sondern auch jede Menge berühmte Architektennamen.
Volkwin Marg ist nicht der erste große Baumeister, der sich bei diesem heiklen Thema zu Wort meldet. Bevor der Plan eines Museums der Moderne Ende 2014 konkret wurde, präsentierte etwa der Architekt Matthias Sauerbruch im April Entwürfe seiner Studenten, die zum Ziel hatten, den Verkehr aus den Straßen rund um die St.-Matthäus-Kirche zu verbannen.
Anknüpfung an die Vorkriegsstruktur
Weitreichender und spektakulärer war der Vorstoß von Stephan Braunfels im September 2013. Er schlug vor, den Erweiterungsbau der Neuen Nationalgalerie unter einem begehbaren „hängenden Garten“ zu verstecken. Die Verbindung zum Potsdamer Platz will er durch einen Kreisverkehr herstellen: Wo die Durchgangsstraße unmittelbar hinter der Philharmonie abknickt, sollte seiner Meinung nach ein roundabout entstehen, mit einem Springbrunnen in der Mitte.
Der ehemalige Senatsbaudirektor Hans Stimmann veröffentlichte 2013 ein ganzes Buch zum Thema: Seine Idee besteht darin, an die Vorkriegsstruktur des Viertels anzuknüpfen, das einst zu den feinsten Wohngegenden der Stadt gehörte. Warum, fragt der Urbanist, sollte man die Freiflächen zwischen den Solitären nicht wieder durch eine Blockbebauung füllen – mit „privaten Dienstleistungen, Läden, Galerien, Cafés, Restaurants, aber auch städtischem Wohnen“? Stimmann hatte Spitzenvertreter der Zunft für Ideenskizzen gewonnen, darunter Bernd Albers, Klaus Theo Brenner, Max Dudler, Jan Kleihues, Sergei Tchoban und Christoph Sattler.
Letzterer wirbt darüber hinaus schon seit Langem dafür, die ungeliebte, irreführend Piazzetta genannte Rampe vor dem Eingang zur Gemäldegalerie abzureißen und durch einen Säulenhof zu ersetzen. Ein Griff in die Trickkiste der Kulissenarchitektur, den auch Volkwin Marg attraktiv findet: Sein Entwurf eines „preußischen Arkadien“ sieht ebenfalls eine klassizistische Kolonnade vor.
Masterplan mit Pferdefuß
Der Begriff „Lustgarten der Moderne“, den Marg für sein Ensemble aus Wasserbecken, Fontänen und Baumbepflanzung zwischen Philharmonie und Nationalgalerie wählt, stammt ursprünglich aus dem Jahr 2005. Damals wurde – als letzte Amtshandlung Hans Stimmanns – vom Senat ein Masterplan bewilligt, der die Abgeordnetenhausbeschlüsse zum Kulturforum von 1999 und 2002 ablöste. Die Sache hatte allerdings einen Pferdefuß: Um die Umgestaltung des Geländes zu finanzieren, hätte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz mehrere ihrer Grundstücke an den Rändern des Terrains meistbietend verkaufen müssen.
Florian Mausbach, damals Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, fand die Lösung attraktiv und imaginierte gleich drei Hochhäuser mit Wahrzeichencharakter: einen Diplomatenturm von 150 Metern, eine Hochhausscheibe nahe dem Reichpietschufer sowie einen 250 Meter hohen „Obelisken“ hinter der Gemäldegalerie an der Tiergartenstraße.
Zum Um das Areal von seinem Dasein als Abstraktum zu erlösen, braucht es dringend eine konzertierte Aktion aller Verantwortlichen, von Bund, Land und dem Bezirk sowie den Anrainern, also den Museen, der Staatsbibliothek und der Philharmonie.
Ach ja, und dann gab es ja noch die Vision von Hans Hollein, 1983 gekürt, bis zur Baureife weiterentwickelt und dann doch nicht realisiert: Eine gekurvte, 100 Meter lange Loggia wollte er errichten, flankiert von einem „Bibelturm“ mit Café und Ausguck – und der Endhaltestelle der Magnetschwebebahn.