„Auschwitz on the Beach“: Versöhnliches Ende für umstrittene Documenta-Performance
Nach Protesten ist die Documenta-Performance „Auschwitz on the Beach“ abgesagt worden. Der italienische Künstler Franco Berardi zeigte sich einsichtig.
Die Kontroverse um die geplante Documenta-Performance „Auschwitz on the Beach“ hat am Donnerstagabend ein versöhnliches Ende genommen. Der italienische Autor und Aktivist Franco Berardi zerriss in einer als „Shame on you“ angekündigten Ersatzveranstaltung sein Gedicht, das umstrittene Vergleiche der Schicksale von Flüchtlingen mit dem Holocaust enthielt. Zur Veranstaltung hatte die Documenta anstelle der nach Protesten abgesetzten Performance ins Fridericianum in Kassel eingeladen.
Wenige Stunden vor Beginn der Veranstaltung hatten sich Vertreter der jüdischen Gemeinde und anderer zivilgesellschaftlicher Gruppen mit der documenta-Leitung und Berardi getroffen und sich über einen Verzicht auf den Vortrag des Gedichtes verständigt. An der Verstaltung konnten wegen begrenzter Plätze lediglich 150 Besucher teilnehmen, das Interesse aber war weitaus größer.
Berardi bedaure nicht, das Gedicht geschrieben zu haben
Das etwa anderthalbstündige Gespräch mit Berardi sei sehr gut gewesen, sagte Eva Schulz-Jander, die ehemalige katholische Präsidentin der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, dem Evangelischen Pressedienst. „Herr Berardi kann zuhören und hat verstanden, was wir wollen“, sagte sie. Er habe die Welt angesichts des Flüchtlingselends mit dem Begriff Auschwitz aufwecken wollen. Auschwitz sei aber ein singulärer Begriff, der nicht ohne Verletzungen zu hinterlassen für Vergleiche benutzt werden könne.
Berardi hob in seinem Vortrag hervor, dass er es keineswegs bedauere, das Gedicht geschrieben zu haben. „Mein Gedicht ist nicht schlecht, aber wenn es Leiden hervorruft, ist es nichts wert“, sagte er. Die Bezeichnung der Veranstaltung „Shame on you“ sei auf zahlreiche Zuschriften an ihn zurückzuführen, die mit dem Satz „Schämen sie sich!“ endeten. „Ja, ich schäme mich, weil ich den Faschismus in Europa nicht stoppen kann“, sagte er.
Kritik auch von jüdischen Vertretern
Die Regierungen der westlichen Welt seien geprägt von Faschismus, Gewalt und Rassismus, deren Ziel es sei, die Flüchtlinge auszurotten. Hierzu bedienten sie sich bezahlter Helfer wie etwa der libyschen Küstenwache, die Flüchtlinge auf ihren Schiffen töte. Den Begriff „Gauleiter“, mit dem er in seinem Gedicht diese Leute bezeichnet hatte, wolle er aber nicht mehr benutzen, sagte Berardi.
„Auschwitz on the beach“ war auf heftige Kritik der beiden Gesellschafter der documenta - die Stadt Kassel und das Land Hessen - gestoßen. Auch jüdische Vertreter hatten sich entsetzt gezeigt. Die geplante Performance basierte auf einem Gedicht Franco Berardis und war mit einem Soundtrack von Fabio Stefano Berardi und einer Bildinstallation von Dim Sampaio versehen. In der Ankündigung der documenta bezichtigte Berardi die Europäer, „Konzentrationslager“ auf ihren eigenen Territorien einzurichten und „Gauleiter“ in der Türkei, Libyen und Ägypten dafür zu bezahlen, die „Drecksarbeit“ entlang ihrer Küsten zu erledigen. „Das Salzwasser hat mittlerweile Zyklon B ersetzt“, hieß es unter anderem. (epd)
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