Die Verlage, VG-Wort und die Rückzahlungen: Verlage in Bedrängnis
Im April wurde entschieden: Verlage müssen Geld an die Verwertungsgesellschaft VG-Wort zurückzahlen. Es soll den Autoren zugutekommen - doch das könnte gerade mittelständische Verlage gefährden.
Am Freitag vergangener Woche bekam der Berliner Verbrecher Verlag Post von der Verwertungsgesellschaft Wort, kurz VG Wort. Darin fand sich die Aufforderung an den Verlag, die VG-Wort-Ausschüttungen der Jahre 2012 bis 2015 wieder zurückzuzahlen, so wie es der Bundesgerichtshof im April dieses Jahres mit einem Urteil verfügt hat; einem Urteil, nach dem die Verlage nicht mehr an den Ausschüttungen für physische und digitale Kopien urheberrechtlich geschützter Werke beteiligt werden, sondern diese ausschließlich den Autoren und Autorinnen zustehen sollen.
Das scheint für Letztere zunächst eine schöne, gerechte Angelegenheit zu sein („Wir allein sind die Urheber, die Urheberinnen“!), sollen die VG-Rückforderungen doch in den nächsten Jahren ihnen nachträglich zugutekommen. Das viel debattierte Urteil ignoriert jedoch die oft nicht unwesentlichen Anteile, die die Verlage an der Hervorbringung vieler, insbesondere literarischer Werke haben; und es macht keinen Unterschied zwischen literarischen und wissenschaftlichen Verlagen. In Wissenschaftsverlagen ist es häufig so, dass gerade mal die Infrastruktur zur Produktion und dem Druck von Büchern zur Verfügung gestellt wird, der Rest aber tatsächlich von den Autorinnen und Autoren besorgt wird, nicht zuletzt die Finanzierung selbst.
Verlags-Insolvenzen sind zu befürchten
Der Verbrecher Verlag ist mit einer VG-Wort-Rückforderungssumme im sehr knapp fünfstelligen Bereich glimpflich davongekommen. Aber andere, ähnliche kleine Verlage, die alle dieser Tage VG-Post bekommen, müssen mitunter vierzig- oder fünfzigtausend Euro zurückzahlen. Umso mehr Bücher die Verlage veröffentlicht haben, umso größer sie sind, desto höher die Rückforderungen (von insgesamt 100 Millionen ist die Rede), von jedem Verlag zahlbar bis zum 30. November, allerallerspätestens bis Ende des Jahres. Da kommt es auf Rücklagen an, auf augenblickliche Umsätze. Dass das BGH-Urteil und die VG-Wort-Forderungen kleine und mittlere Verlage an den Rand ihrer Existenz bringen, an dem sie sich sowieso immer befinden, dass also in den nächsten Monaten manche Verlagsinsolvenz zu beklagen sein wird, dass manches Buchprojekt ausfällt oder auf die lange Bank geschoben wir, all das lässt sich leicht denken.
Vor diesem Hintergrund hat nun die Kurt Wolff Stiftung, die einen Großteil der kleinen und unabhängigen Verlage vertritt, noch einmal eine Erklärung herausgegeben. Darin stellt sie die schwierige Situation von Verlagen dar, die die Mehrzahl von Lyrikbänden herausbringen oder wichtige Werkausgaben, die 2016 aber auch verantwortlich waren für die Gewinner des Preises der Leipziger Buchmesse und des Deutschen Buchpreises: der Schöffling Verlag mit Guntram Vespers „Frohburg“ und die Frankfurter Verlagsanstalt mit Bodo Kirchhoffs Novelle „Widerfahrnis“. Und die Kurt Wolf Stiftung beklagt in ihrer Erklärung das bisherige Versagen der Politik, was den Schutz unabhängiger Verlage angeht, und zum Beispiel von der VG Wort angebotene Stundungsmöglichkeiten der Rückzahlungen abgelehnt wurden.
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