Manga-Thriller: Verhängnisvolle Freundschaften
Weltweit wurde Naoki Urasawas Manga-Meisterwerk „20th Century Boys“ mit Lob und Preisen überhäuft. In Deutschland wird die auch als Film großartige Thriller-Reihe gerade erst entdeckt.
Der erste, von dem ich’s gehört habe, war Fil: „,20th Century Boys’ ist ein verdammt guter Manga“. Dann gesellte sich Kollege P. von „Spiegel Online“ dazu, der sich als enthusiastischer Fan von Naoki Urasawa outete. Zwar trägt Kollege P. auch schon mal rosafarbene Mädchenmanga-T-Shirts, aber auf sein Urteil kann man sich verlassen.
Acht Jahre lang arbeitet Urasawa an dieser Geschichte, in Japan war der Erfolg gigantisch: 20 Millionen Exemplare von „20th Century Boys“ wurden dort bis zum Start der Verfilmung vor zwei Jahren verkauft, inzwischen sind wohl noch einmal acht Millionen dazu gekommen. Auch in Frankreich, Großbritannien und den USA wurde Urasawas Story enthusiastisch begrüßt und mit Preisen überhäuft.
Lediglich in Deutschland blieben die Verkäufe immer hinter den Erwartungen des Verlages zurück, und das trotz guter Kritiken. Urasawa macht es den Lesern aber auch nicht gerade leicht.
Im Jahr 1997 bedroht eine neue Sekte um einen charismatischen Führer, der sich „Der Freund“ nennt, die Welt. Eine geheimnisvolle Seuche bricht in San Francisco und London aus, Menschen, die anscheinend Genaueres wissen, werden ermordet. Doch die Pläne des „Freundes“, die Menschheit auszurotten, sind viel älter: Eine Gruppe von Schulfreunden um die Hauptfigur Kenji hat sich diese Pläne im Jahr 1969 ausgedacht.
Jetzt kommt es im Umfeld der alten Bande zu merkwürdigen Vorkommnissen, Kenjis Schwester verschwindet und hinterlässt ihrem Bruder ein Baby zum Betreuen, der Schulfreund Donkey begeht Selbstmord, ein anderes Mitglied der Jugendgang ist in Thailand verschollen. Drei Jahre braucht Kenji, um seine Freunde gegen den „Freund“ in Stellung zu bringen, in der Nacht des Milleniumwechsels gibt es eine erste Konfrontation, die böse endet. Und dann springt die Handlung in eine düstere Zukunft...
Thriller, Monsterspektakel und Tränenzieher
Erscheinen die Zeit- und Ortssprünge am Anfang noch etwas konfus, so knüpft Urasawa im Folgenden ein immer dichteres Netz. Und dabei sprengt er auch ganz nebenbei locker sämtliche Genregrenzen: hier ein bisschen Stephen King, dort eine Prise Kindheitsreflexion, die Geschichte mäandert vom Verschwörungsthriller zum Familiendrama mit vielen popkulturellen Referenzen und wieder zurück.
Trotz dieser Sprünge liest sich „20th Century Boys“ klar und genau strukturiert wie ein Filmdrehbuch, der Zeichenstil ist nicht so reduziert-stilisiert, wie es bei Mangas gerade Mode ist, sondern realistisch und detailreich. Auch wenn das Rätsel um den Freund schnell gelöst ist, bleibt die Handlung doch spannend. Und nach 24 Bänden kann man nur noch staunen, wie souverän Urasawa die ganze Zeit über die Zügel der Handlung in den Händen behielt, wie mal hier einen neuen Faden verknüpft hat, mal dort einen Plot frech über hunderte von Seiten in der Luft hängen ließ, nur um am Ende doch wieder auf ihn zurück zu kommen.
Ähnlich bestaunenswert ist die bereits erwähnte Verfilmung aus dem Jahr 2008 geworden, die aus drei Kinofilmen mit insgesamt sieben Stunden Laufzeit besteht. Hier ist etwas ganz ungewöhnliches passiert: Regisseur Yukihiko Tsutsumi hat aus einem großartigen Manga-Meisterwerk einen außergewöhnlichen und spannenden Film gemacht, der sich in vielen Szenen erstaunlich nahe an der Manga-Vorlage bewegt, sich aber auch viele interessante Freiheiten nimmt. Thriller, Monsterspektakel und Tränenzieher gleichzeitig war dies das teuerste Projekt der japanischen Filmgeschichte. Die Filme kamen zwischen August 2008 und August 2009 in die Kinos Nippons und waren ein Riesenerfolg bei Publikum und Kritik.
Leider gilt für den Film das Gleiche wie für die Bücher: In den USA, Frankreich und England gefeiert ist in Deutschland nur die DVD des ersten Films erschienen, als absolute Vanille-Edition ohne jede Specials. Aber solche Sorgen sind die Fans gewohnt: Die deutschen Bände 9 und 10 waren books on demand und sind inzwischen nur noch zu absoluten Apothekerpreisen zu bekommen.
„20th Century Boys/21st Century Boys“. Text und Zeichnungen: Naoki Urasawa. Aus dem Japanischen von Josef Shanel und Matthias Wissnet. Panini, Rastatt 2002-2010. 24 Bände, je 12 Euro. Mehr unter diesem Link.
Es existiert eine sehr empfehlenswerte britische DVD-Box zum schmalen Preis (ca. 25 Euro), die die drei Filme auf Japanisch mit englischen Untertiteln enthält. Alleine die Specials haben eine Laufzeit von zwei Stunden.
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