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Zwei Frauen im politischen Kabarett. Marion Bach (l) und Heike Ronniger in der Magdeburger Zwickmühle.
© Annette Schneider-Solis/dpa

Gleichberechtigung im Theater: Verein „Pro Quote Bühne“ zieht nach einem Jahr Bilanz

Letztes Jahr gründete sich der Verein „Pro Quote Bühne“, der für Gleichberechtigung im Theater kämpft. In den Sophiensälen wurde nun Bilanz gezogen.

Er habe „selten etwas Schrecklicheres erlebt als ein Intendantentreffen“, bekennt der Chef der Berliner Festspiele, Thomas Oberender. Die Atmosphäre sei „herrisch, autoritär und dem eigenen Verständnis nach trotzdem liberal“.

Anlass für diese heftig beklatschte Offenlegung aus dem eigenen Berufsleben ist die Veranstaltung „100 Jahre Frauenwahlrecht, ein Jahr Pro Quote Bühne“ in den Sophiensälen mit Reden, Podiumsgespräch und Arbeitsgruppen. Kolleginnen und Kollegen wie Oberender solche Erfahrungen künftig zu ersparen (und dem Theaterpublikum die künstlerischen Konsequenzen, die daraus erwachsen), ist das Ziel des Vereins „Pro Quote Bühne“. Der wurde vor einem Jahr gegründet – mit der klaren Forderung nach einer „50-prozentigen Frauenquote in allen künstlerischen Theaterressorts“, von der Intendanz über die Regie bis zu Schauspiel und Autor/innenschaft.

Intendanten und Regisseure sind überwiegend männlich

Gerade die Bühnenkunst, die ja besonders gern gesellschaftliche Missstände anprangert und sich selbst als moralische Anstalt inszeniert, zeigt sich bemerkenswert unkritisch gegenüber eigenen Strukturen und Defiziten. Zwar liegt der Frauenanteil unter den Studierenden in den darstellenden Künsten bei 70 Prozent. Aber später, im Berufsleben, kehrt sich das Zahlenverhältnis um: 78 Prozent der Theater werden von Männern geleitet, 70 Prozent der Inszenierungen auf den großen Bühnen stammen von Regisseuren, benennt die Vorsitzende des Vereins Pro Quote Bühne, Angelika Zacek, in ihrem Auftakt-Statement noch einmal die Fakten. Und Dr. Martina Gräfin von Bassewitz vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend beziffert in ihrer Eingangsrede den „Gender-Pay-Gap“, den geschlechtsspezifischen Einkommensunterschied, zwischen Männern und Frauen, auf 36 Prozent in der Regie und sogar 46 Prozent im Schauspiel.

Bei der vorweihnachtlichen Veranstaltung in den Sophiensälen sollte es nun vor allem um eine erste Bilanz gehen: Was hat „Pro Quote Bühne“ in den letzten zwölf Monaten erreicht? Wie könnte, sollte, muss es weitergehen? Wichtige Fragen – die gerade im Kernteil des Nachmittags, dem von den Regisseurinnen Amina Gusner und France-Elena Damian moderierten Podiumsgespräch, leider weitgehend offenbleiben. Interessante Punkte, die die Podiumsgäste mitunter ansprechen, werden nicht weiterverfolgt. Zum Beispiel die Anregung der Intendantin des Potsdamer Hans-Otto-Theaters, Bettina Jahnke, über die Quote hinaus vor allem so konkret wie möglich Machtstrukturen zu hinterfragen, weil „nicht jede Frau per se ein besserer Mensch und eine bessere Chefin“ sei. Oder die Beobachtung der Schauspielerin und Performerin Anne Haug, die mit einer Regisseurin und einem Regisseur befreundet ist, die vor einigen Jahren beide einmal als „Nachwuchsregisseur/in des Jahres“ aus der Kritikerumfrage der Fachzeitschrift „Theater heute“ hervorgingen. Beide, so Haug, hätten durchaus gut zu tun: Er an den fünf Top-Metropolen-Häusern, sie an kleineren Theatern wie Oberhausen.

Wo nichts vertieft wird, bleibt alles vage – und in dieser Runde leider auch wenig faktengestützt. Vieles gelangt nicht über den Befindlichkeitsstatus hinaus in die Strukturdebatte, die ja so wichtig wäre. Und derentwegen es den Verein „Pro Quote Bühne“ gibt und geben muss.

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