Ausstellung des Vorderasiatischen Museums: Uruk: Auf den Spuren der ersten Großstadt
Vor 100 Jahren begannen Archäologen der Deutschen Orient-Gesellschaft mit Grabungen in Uruk - der ersten Megacity der Welt. Nun bekommt die historische Großstadt endlich ihre erste große Ausstellung im Vorderasiatischen Museum im Pergamonmuseum in Berlin.
Die Entdeckung ist nicht einem Archäologen zuzuschreiben. Im Rahmen der Arbeit für die osmanisch-iranische Grenzkommission der britischen Regierung besuchte der britische Geologe und Naturwissenschaftler William Kenneth Loftus 1849 im heutigen Irak das antike Uruk, das heutige Warka. 1854 kam es zu einer ersten Untersuchung, doch Loftus starb alsbald und die Entdeckung der ersten Metropole der Menschheit blieb zunächst ohne Folgen.
Seit 1898 bemühte sich die Deutsche Orient-Gesellschaft (DOG) um eine Grabungslizenz für das vielversprechende und größte altorientalische Ruinengelände. 50 000 Menschen sollen dort – wie wir heute wissen – bereits vor 5000 Jahren gelebt haben. Schließlich bekam die DOG 1912 die ersehnte Lizenz. Die gute Zusammenarbeit zwischen dem Osmanischen und dem Deutschen Reich begünstigte das Lizenzverfahren. Walter Andrae, der in Babylon und später in Assur grub, hatte das 550 Hektar große Ruinengelände bereits 1902 besucht und als lohnenden Ausgrabungsort immer wieder vorgeschlagen.
1904 schrieb der deutsch-amerikanische Archäologe und Assyriologe Hermann Volrath Hilprecht, der Ausgräber von Nippur: „Von Februar oder März bis Juli überschwemmt der Euphrat oft das Land bis zum Fuße der Ruinen. Die dadurch entstehenden Sümpfe wimmeln von Moskitos, die im Verein mit den noch mehr gefürchteten Sandfliegen der nahen Wüste dem Ausgräber das Leben zur Qual machen. ... Keine Expedition sollte darum je wieder an die Ausgrabung Warkas denken, wenn sie nicht aller dieser Schwierigkeiten im voraus sich bewußt und entschlossen ist, in streng wissenschaftlicher Weise vorzugehen, und zur methodischen Ausgrabung dieser größten aller babylonischen Ruinen ein Kapital von nicht weniger als 2 Millionen Mark bei einer Arbeitszeit von mindestens 50 Jahren sich gesichert hat.“
Aber zunächst blieb man optimistisch. Am 12. Oktober 1912 trafen der Archäologe und Bauforscher Julius Jordan und sein Architekt Conrad Preußer in Bagdad ein. Für Jordan, der bisher noch nicht so bekannt ist, wurde die Grabung eine große Herausforderung. Bisher hatte er mit Walter Andrae acht Jahre in Assur gegraben. Nun also Uruk. Über Babylon reisten sie weiter, zum Teil mit zwei Segelbooten über Kanäle bis in die Nähe von Warka. Sümpfe und Untiefen machen der Expedition schwer zu schaffen. Jordan versteht sich gut mit den osmanischen Autoritäten vor Ort, die hin und wieder auch Scharmützel mit den Beduinenstämmen haben. Am 19. Oktober erreicht die deutsche Expedition Warka. „Wir haben heute mit der Aufnahme begonnen. Beim Messen wurden mehrere Bruchstücke schon bekannter Ziegel mit Inschriften gefunden“, schreibt Jordan am selben Tag für die „Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft“. Solche Ziegel waren schon von Andrae gefunden worden.
Wie Jordan bemerkt, zogen sich die Verhandlungen über die Entlohnung der arabischen Arbeiter hin, er bittet schließlich die Kollegen in Babylon um Hilfe und mit 35 erfahrenen Arbeitern von dort lassen sich nun auch die Lohnprobleme ganz schnell lösen. Konkurrenz belebt das Geschäft. Die zehn Polizisten der Regierung betrachtet Jordan nicht als ausreichend für den Schutz der Grabung „in einer Gegend, in der fast jeder sein Martinigewehr zur Schau trägt und nicht viel nach der Regierung fragt“. Jordan begann mit 97 Arbeitern und hoffte, die Zahl auf 250 steigern zu können. Vorrangiges Ziel der ersten Grabung war die Erforschung der zentralen Bauwerke des antiken Uruk. Da die sumerische Großarchitektur Mesopotamiens vorwiegend aus Lehmziegeln erbaut wurde, die auf Dauer dem Regen nicht standhielten, mussten diese Bauten immer wieder auf dem Schutt der alten erneuert werden. So wuchsen die Fundamente Schicht für Schicht in die Höhe. Was wie eine Hügellandschaft aussah, waren in Wirklichkeit die Reste kolossaler Bauwerke. Die Analyse dieser Bauschichten stand im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten.
Uruk - mehr als eine Ruinenstadt
Die Arbeit in dem Ruinengebiet war nicht einfach. „Heute liegt Warka in vollständiger Einöde. Der alte Euphrat – der Schatt el Kar – ist wasserlos, ebenso der an der Nordostseite der Stadt entlang führende Kanal Schatt el Nil“, schreibt Julius Jordan im ersten Grabungsbericht 1928. „Im Winter erschweren schneidende, trockene Kälte mit eisigen Nordwestwinden oder mitunter mehrere Tage währende Regengüsse, im Sommer glühende Sommerhitze abwechselnd mit heftigen Staubstürmen den Aufenthalt hier mehr als auf den meisten babylonischen Ruinenstätten ...“
Die Grabungen begannen am Heiligtum der Liebes- und Kriegsgöttin Inanna/Ischtar, ferner wurden das Heiligtum des Himmelsgottes Anu mit der Zikkurat und die seleukidische Tempelanlage „Bit Resch“ erforscht. Zudem wurde der Königspalast des Singaschid lokalisiert, auf den schon kleine Tontafeln hingewiesen hatten. Mit mehr als 200 Männern gruben nun die Deutschen, doch die Idee eines Scheichs, eine Art Steuer auf den Lohn der Arbeiter zu erheben, führte zum Streik. Es kommt zu einer Schießerei am 29. September 1912, Jordan bittet Bagdad um Hilfe und schließlich rücken 25 Infanteristen an, um die Grabung dauerhaft zu schützen.
Jordan und seinem Team war es nicht vergönnt, die Grabungen fortzusetzen, der Erste Weltkrieg setzte den ehrgeizigen Plänen ein Ende. 1928 bis 1939 führte die DOG in Abstimmung mit dem Vorderasiatischen Museum Berlin und unterstützt von der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft weitere Grabungen durch, seit 1954 hat das Deutsche Archäologische Institut (DAI) die Arbeit fortgeführt. Bis 1989 wurden 39 Forschungskampagnen unternommen, 2001 und 2002 gab es weitere Untersuchungen, bis der Irak-Krieg erneut die Arbeit unterbrach. Seitdem hofft das DAI auf eine Verbesserung der Sicherheitslage im Irak, um die Arbeit fortzusetzen.
Uruk – mehr als eine Ruinenstadt
Uruk – ein magischer Name, die erste Metropole der Menschheit, die vor 5000 Jahren im Gilgamesch-Epos erwähnt wird und die seit November 1912 von deutschen Archäologen ausgegraben wurde, bekommt nun endlich ihre erste große Ausstellung im Vorderasiatischen Museum im Pergamonmuseum in Berlin. Dieses Projekt in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Archäologischen Institut, dem Reiss-Engelhorn-Museum Mannheim und der Deutschen Orient-Gesellschaft schärft den Blick für die kulturellen Leistungen der Menschen vor 5000 Jahren, die im heutigen Irak eine funktionierende Metropole für 50 000 Bewohner geschaffen hatten. Dass für die Stadtmauer 300 Millionen Ziegel verbaut wurden, deutet den Stand der Organisation an. In Uruk wurde auch die erste Schrift, die Keilschrift, entwickelt, Voraussetzung für die Organisation eines komplexen Gemeinwesens. Uruk ist aktueller, als das Alter vermuten lässt.
Ausstellung
Uruk - 5000 Jahre Megacity
25. April bis 8. September 2013
Ort: Pergamonmuseum, Museumsinsel Berlin, Eingang über Kolonnadenhof, 10178 Berlin-Mitte.
Tickets: 14 Euro, ermäßigt 7 Euro
Öffnungszeiten: Montags bis sonntags 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr
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