Kino: Twilight-Saga: Der letzte Tanz
Mit „Breaking Dawn 2“ endet die Twilight-Saga im Kino. Der Film hat bereits 340 Millionen Dollar weltweit eingespielt und bedient erneut viele quälende Teenagerphantasien. Nun hat der schöne Vampir-Schauspieler Robert Pattinson die Kreischorgien seiner Fans aber offenbar satt.
Gibt es noch irgendjemanden auf diesem Planeten, dem die Gesichter von Robert Pattinson und Kristen Stewart nicht geläufig sind, den Hauptdarstellern der Twilight-Saga, die nun mit „Breaking Dawn – Biss zum Ende der Nacht, Teil 2“ definitiv zu Ende geht? Wer die beiden nicht erkennt, muss die letzten vier Jahre in Iso-Haft verbracht haben, so unumgänglich war das Paar in den Medien präsent. Und soeben spülte das finale Saga-Segment am US-Startwochenende 140 Millionen Dollar in die Kassen. Und weltweit? Sagenhafte 340 Millionen.
Mancher sucht da sein Heil im Spott. Und macht sich lustig über den Welterfolg der Verfilmung von Stephenie Meyers Buchreihe – über eine Welt voller Vampire mit Superkräften, eine Welt mit riesigen Wölfen, die sich im Pfotenumdrehen wieder in Indianer verwandeln und, vor allem, mit der anfangs keuschen, mächtigen Teenie-Liebe zwischen der unsicheren Bella und dem herzensguten, aber blutdürstigen Edward.
Doch wozu der Sicherheitsabstand? 79 Prozent weibliche und immerhin 21 Prozent männliche Zuschauer, so die US-Zahlen, können nicht irren: „Twilight“, als Buch und als Film, ist ein absolut akzeptables Vehikel für Romantik, für leidenschaftliches Schwärmen, für die Vorstellung, irgendwo da draußen sei jemand, der einen so sehr begehrt, dass es wehtut. Und entspricht auch einem identifikationsstiftenden Außenseitergefühl. Die Geschichte der 17-jährigen einsamen Bella, die in die von Wäldern umgebene Kleinstadt Forks zu ihrem fremden Vater zieht und dort auf der Highschool den mysteriösesten, blassesten und schönsten aller Jungen kennen- und lieben lernt, passt zu vielen quälenden Teenagerphantasien.
Durch vier Bücher und Filme finden Bella und Edward einen Weg, der Gefahr versehentlichen Genickknackens zu entgehen. Sie lavieren sich um den ebenfalls verliebten besten Freund Jacob herum, der zu einem metamorphischen Indianerstamm gehört, und sie entkommen einigen extrem bösen Vampiren. Im ersten Teil des nun definitiv finalen Doppels wird amtlich geheiratet, und Bella wird wider Erwarten schwanger: Dabei ist ihr Mann – aber so genau ins Detail geht Meyer nicht – vermeintlich jeglicher Körperflüssigkeiten beraubt.
Nun also passiert, im dramaturgisch weithin ermüdenden Teil 2, was passieren muss: Edward Cullen verwandelt seine Frau in einen Vampir, damit sie die schwierige Geburt des Vampir-MenschBastards Renesmee (Mackenzie Foy) überlebt. Als Vampirdame sind Bellas Haare immer glänzend, ihre Wimpern immer frisch getuscht, und neben der Kontrolle ihres Blutdursts muss sie angesichts ihrer neuen Kräfte beim Schmusen aufpassen, dass sie Edward nicht versehentlich zerdrückt. Der Wolfsmensch Jacob (Taylor Lautner) wiederum ist zu einem besonderen Patenonkel geworden: Er ist auf Renesmee „geprägt“. Als Bella das herausfindet, sagt er: „Ich werde immer für Nessie da sein.“ Darauf Bella, stinkwütend: „Du gibst meinem Kind den Spitznamen des Loch Ness Monsters?!!“
Lustiger wird's nicht. Erst recht nicht, als beim Showdown zwischen bösen und guten Vampiren jede Menge Köpfe abgerissen werden. Aber stört sich irgend jemand an diesem eigentlich hanebüchenen Fantasy-Zeug? Schon die Bücher der in Phoenix lebenden Schriftstellerin Stephenie Meyer funktionierten hervorragend – und sind über weite Strecken gut lesbar, sofern man erstens schon mal unsterblich verliebt war und zweitens langatmige Highschool-Dialoge großzügig überblättert.
Vampir mit Mormonen-Prinzipien
Besonders der erste Band und der erste Film – unter der Regie von Catherine Hardwicke und nach einem Drehbuch von Melissa Rosenberg – setzten Zeichen. Bella ist eben kein sonniges Cheerleadergirl, sondern etwas tollpatschig, und der abweisend scheinende Edward begehrt sie so sehr, dass er das Küssen unbedingt zu vermeiden sucht. Denn wenn ein Vampir die Kontrolle verliert, geht es rund. Schüchternheit, so die trostreiche Botschaft an die Mauerblümchen jederlei Geschlechts, kann auch sehr vernünftig sein.
Die 39jährige Stephenie Meyer bringt ihre Botschaften sehr geschickt unter. Nicht nur, dass sie bereits im ersten Film in Bellas Stammcafé mit „Noch einen Kaffee, Stephenie?“ direkt angesprochen wird und darüber hinaus in ihrem eigenen Buch liest, weshalb auch ihr Gesicht nun Millionen Menschen kennen. Abgesehen von diesem Cameo – eigentlich ein Super-Ego! – jubelt die Mormonin Meyer ihrem Edward einige Mormonenregeln unter: kein Kaffee, kein Alkohol, kein Sex vor der Ehe (erst nach der Hochzeit führt der ungeschützte Sex zur Schwangerschaft). Nebenbei: Gegen absurd viel Geldverdienen haben die Mormonen nichts, und auch darin erweist sich Frau Meyer, die ihre Film co-produziert hat, als vorbildlich.
Dass sie ihren Protagonisten auch im Film den Sex kaum gönnt, ist logisch: Schon im Buch waren die körperlichen Szenen nicht expliziter als im prüden, alten Lore-Roman. Zwar wies Pattinson medienwirksam kurz vor Filmstart auf die angeblich heißen Szenen mit seiner Freundin Kristen Stewart hin. Übrig geblieben sind ein paar gelbstichige, mit Musik und Weichzeichner zugekleisterte Bettszenen in Großaufnahme, wobei man die Körperteile – nichts mit Brustwarzen oder Hautfalten dran! – kaum zuordnen kann. Und schließlich krallt sich Stewarts Hand entrückt ins Laken.
Wie wird es weitergehen nach dem ultimativen Tagesanbruch der Vampir-Saga, zumindest im echten Leben? Von Stephenie Meyer heißt es, ihre Fantasy-Liebesgeschichte „Seelen“ werde ebenfalls bald verfilmt. Kristen Stewart, die sogar in Walter Salles’ öder Jack-Kerouac-Adaption „On the Road“ Glanzpunkte setzte und derzeit auf den Covers vieler Modemagazine erscheint, gilt als Designermuse und ebenso als Schauspielerin mit Herz für mutige Rollen. Und Robert Pattinson, der demnächst auch für Werner Herzog arbeitet? Er hat die Kreischorgien offenbar satt: In David Cronenbergs surrealer Börsendystopie „Cosmopolis“ spielte er den sexuell Erregten bei einer Prostatauntersuchung – nicht gerade eine Top–Szene für Teenie-Stars. Aber Vorsicht: Auch Leonardo DiCaprio wurde lange Zeit nichts zugetraut. Und der hat’s allen schließlich ganz schön gezeigt.
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