zum Hauptinhalt
US-Präsident auf Kriegskurs. Donald Trump.
© Evan Vucci/dpa

US-Präsident benutzt terroristische Rhetorik: Trump droht mit Angriff auf Kulturstätten – das wäre ein Kriegsverbrechen

Der US-Präsident will im Falle der Vergeltung iranische Kulturstätten angreifen. Das verstieße gegen Kriegsrecht und würde Zivilisten gefährden. Ein Kommentar.

Auf dem Rückflug aus seinem Neujahrsurlaub in Florida hat US-Präsident Trump an Bord der Air Force One die Frage gestellt, warum es den USA als Vergeltung für Angriffe auf Amerikaner nicht erlaubt sein sollte, auch iranische Kulturstätten („their cultural site“) ins Visier zu nehmen.

Bei allem Wirrsinn trumpscher Eruptionen bedeutet die ausdrückliche Drohung gegen kulturelle Ziele eine neue Kategorie der Konfliktstrategie. Damit begibt sich ein amerikanischer Präsident rhetorisch auf eine Stufe mit ausgemachten Terroristen. Die Sprengung der Buddha-Statuen von Bamiyan 2001 durch die Taliban oder die späteren Zerstörungen von Tempeln und Kulturgütern im Irak und in Syrien (Palmyra 2015-17) durch den IS gelten der zivilisierten Welt als barbarische Gräueltaten.

Derartige Angriffe auf nicht-militärische Ziele sind durch die Genfer Konvention geächtet. Sie sind Kriegsverbrechen. US-Außenminister Pompeo hat sich in einer Stellungnahme nun nicht von Trump distanziert, sondern in der Bestätigung von angeblich 52 erwogenen iranischen Angriffspunkten für amerikanische (Gegen-)Schläge vage betont, dass man sich an das Kriegsrecht halten wolle.

Solch eine Strategie galt für den Westen als undenkbar

Mit der Einbeziehung von Kulturstätten aber würde nicht nur das geltende Recht gebrochen. Es wäre ein Zivilisationsbruch, der auch eingedenk solcher Brüche im Zweiten Weltkrieg – von den Deutschen initiiert mit der Bombardierung der Kathedrale von Coventry – als Teil einer westlichen Weltmachtstrategie bisher als undenkbar galt.

Bisweilen wird allerdings gezischelt, dass der Verlust von Menschenleben immer viel schlimmer sei als der Verlust von Kulturgütern. Tatsächlich ist dieser Vergleich, oft verbunden mit der populistischen Unterstellung, hier regten sich bloß kulturelle Eliten auf, schon für sich genommen zynisch. Und ignorant.

Platz der Kultur. 52 Ziele nannte der Präsident. Hier zu sehen ist der Naqsh-e Jahan-Platz in Isfahan im Iran.
Platz der Kultur. 52 Ziele nannte der Präsident. Hier zu sehen ist der Naqsh-e Jahan-Platz in Isfahan im Iran.
© ATTA KENARE/dpa

Heinrich Heine erkannte einst als Poet und Prophet, wo Bücher brennen, brennen bald auch Menschen. Die militärische Zerstörung von Kulturstätten schließt fast immer den Tod von Zivilisten mit ein.

Im Falle Trump fragt man sich freilich auch, was mit seiner Drohung gemeint sein könnte. So eng Trumps eigene kulturelle Bildung wohl ist, so weit mag ja sein naiver Kulturbegriff sein.

Angriffe auf Kulturstätten würden der Opposition schaden

Weil der Iran der Mullahs kein Disneyland kennt, dürften jedoch keine Orte der Unterhaltungsindustrie zu den 52 Zielen gehören. Andererseits ist die erwähnte „cultural site“ auch nicht einfach identisch mit Einrichtungen der touristischen Infrastruktur.

Will Trump, ungeachtet ziviler Opfer, etwa den Großen Basar im Süden Teherans angreifen? Oder gar den Historischen Basar in Täbris? Dieser gehört übrigens zu den 24 iranischen Unesco-Weltkulturerbestätten.

Wie die Ruinen von Persepolis oder die fast 3000-jährige Stadt Bam. Sie gehören bis heute zum Stolz der Iraner. Jeder Angriff hier würde auch die im Moment nicht sichtbare Opposition gegen das seinerseits oft genug barbarische Mullah-Regime in dessen Arme treiben. Fataler kann darum schon diese falsche Rhetorik kaum wirken.

Zur Startseite