Menahem Pressler: Trostbringer
Menahem Pressler feiert am 16. Dezember 2013 seinen 90. Geburtstag. Über ein halbes Jahrhundert lang war er der Pianist des Beaux Arts Trio. Jetzt will er beweisen, dass es nie zu spät ist, eine Solokarriere zu starten.
Wenn Menahem Pressler, dieser kleine, hellwache Mann, auf sein Leben zurückblickt, ahnt man, was das sein könnte, ein „Talent zum Glück“: Niemals von seinen geistigen Wurzeln getrennt werden zu können – und vor allem, mit der Musik immer wieder zum Höchsten vorzudringen, was uns Menschen in besonderen Momenten offenbar wird. Am heutigen Montag vor 90 Jahren wurde der verehrte Kammermusiker, Pianist und Pädagoge als Max Jacob Pressler in Magdeburg geboren. Seine jüdischen Eltern besaßen dort ein Geschäft für Herrenkonfektion.
Am 9. November 1938 wurde ihr Laden zerstört, Max durfte längst schon das Gymnasium nicht mehr besuchen, erhielt Klavierunterricht nur im Geheimen. Trotzdem verließ die Familie erst kurz vor Kriegsbeginn die Heimat, gerade noch gelang ihr die Flucht nach Israel. Max’ Großeltern und seine Onkel wurden von den Nazis ermordet. Im Exil verweigerte der zarte Jugendliche die Nahrung. Musik nährte ihn – von deutschen Komponisten.
Zum ersten Wettbewerb nennt sich der 17-jährige Pianist in „Menahem“ um. Der, der Trost bringt, bedeutet das auf Hebräisch. Pressler gewinnt, tritt als Solist auf, gründet in den USA die Formation, die ihn berühmt machen sollte: das Beaux Arts Trio. Es besteht 53 Jahre in wechselnden Formationen, doch stets mit Klangregisseur Pressler am Flügel. Seit dem letzten umjubelten Trio-Konzert 2009 ist er nicht weniger aktiv, im Gegenteil. Sein Leben pendelt zwischen Flughäfen, Konzerten und seinen Studenten in Bloomington, Indiana, die er seit über 50 Jahren betreut. Und hat doch einen festen Kern: das Spielen, Probieren, jeden Tag, am liebsten vier Stunden lang.
So erklärt sich der gänzlich ungezwungene Umgang, die gelassene Zwiesprache, die Pressler auf seiner jüngsten CD mit Schubert, Mozart und Beethoven hält. Im besten Sinne grenzenlos fließen die Stücke ineinander, atmen verbindenden Geist, der über allem Trennenden aufleuchtet. „Quasi una fantasia“ könnte die Aufnahme überschrieben sein – von Schuberts kreisender Klaviersonate Nr. 18 über Mozarts tiefes a-moll-Rondo KV 511 bis hin zu Beethovens Bagatellen, seinem letzten Werk für Klavier. So kann nur spielen, wer ein Talent zum Glück besitzt. Im Januar gibt Pressler, der seit September 2012 mit Freude und Stolz auch wieder Staatsbürger des geistigen Heimatlandes ist, sein Debüt bei den Philharmonikern, mit Mozart. Menahem Pressler spielt Schubert, Mozart, Beethoven. Erschienen bei La dolce volta, im Vertrieb von harmonia mundi