„Süße Zitronen“ von Burcu Türker: Trost durch Erinnern
Burcu Türkers Comic „Süße Zitronen“ erzählt auf kunstvolle Weise von der Trauer und ihrer Verarbeitung.
„Ihre Stimme war fröhlich und laut und sie roch so gut. Nach Leidenschaft und Zuversicht. Nach Schutz und Mut.“ So erinnert sich die Protagonistin aus Burcu Türkers Comic-Erzählung „Süße Zitronen“ an ihre kürzlich verstorbene Mutter. Anfangs wird sie noch von Alpträumen geplagt und hängt in einer künstlerischen Schaffenskrise fest. Aber das aktive Erinnern hilft ihr.
Der erste gemeinsame Besuch im Museum ruft der jungen Frau wieder ins Gedächtnis, wie sie sich in die Kunst verliebt hat. Ihre Mutter – als Theaterschauspielerin selbst Künstlerin – hat ihr immer Mut zu gesprochen. Dennoch hadert sie mit ihren eigenen Ansprüchen und den Erwartungen anderer.
Im Verlauf der Geschichte, die lediglich einen Tag und einen Abend lang dauert, lernen wir ihre Mutter anhand einschlägiger Momente aus deren Leben immer besser kennen. Mit der Protagonistin zusammen erkennen wir, wie wichtig es ist, unserer Leidenschaft zu folgen, auch wenn das bedeutet, Risiken einzugehen und Opfer zu bringen. Doch solange wir optimistisch bleiben und unseren Weg gehen, ist es das wert.
Burcu Türker, die Meisterschülerin unter Hendrik Dorgathen an der Kunsthochschule Kassel war, erschafft ein berührendes Stück narrativer Bewältigungsarbeit. Geschickt verwebt sie den Alltag der Tochter mit dem vergangenen Leben der Mutter und reflektiert entscheidende Momente daraus.
Herausragend ist dabei die enge Verschränkung der Bild und Textebene. Türkers Stil mutet auf den ersten Blick sehr simpel an, offenbart bei näherer Betrachtung jedoch eine vielschichtige Präsentation. Die Farbkomposition reflektiert einprägsam die Situation und deren emotionale Aufladung. Fehlende Panelgrenzen bringen zusätzliche Unruhe in die Seiten.
Hinzu kommt die Kolorierung, die oft bewusst über die Linienführung hinaus geht und so die innere Unruhe und das emotionale Durcheinander der Protagonistin reflektieren. Dem gegenüber steht dann beispielsweise die akkurate und klare Szene, in der die Mutter gegen den eigenen strikten Vater aufbegehrt.
In der ersten Hälfte des Comics wird die Hauptfigur mehrmals von der Farbfüllung eingeschlossen oder erdrückt. Diese Verbildlichung der emotionalen und psychischen Überforderung wird schließlich durchbrochen, als die Freundinnen dazukommen. Ihnen erzählt die Kunststudentin von der Mutter und schafft es auf diese Weise, einen ersten Schritt in Richtung Akzeptanz zu gehen.
Während Burcu Türker ein wildes Orange-Rot als Marker für die junge Frau verwendet, ist die Mutter in den gemeinsamen Erinnerungen durch ein helles Gelb gekennzeichnet. Kurz vor Ende des Comics, in der letzten Erinnerung, vollzieht sich dann ein Farbtausch: Beim gemeinsamen Besuch des Grabes der Großmutter trägt die Mutter ein orange-rotes Kopftuch und die Tochter ein gelbes. Der Optimismus der Mutter ist auf die Protagonistin übergegangen.
Burcu Türker: Süße Zitronen, Jaja Verlag, 72 Seiten, 14 Euro
Lara Keilbart
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