Marek Janowski dirigiert Werke von Ravel: Traumgespinst und Totentanz
Ein ganzer Abend nur mit Werken von Maurice Ravel. Das ist mutig von Dirigent Marek Janowski und dem Rundfunk-Sinfonieorchester.
Ein ganzer Abend nur mit Werken eines einzigen Komponisten – mutig von Marek Janowski und dem Rundfunk-Sinfonieorchester. Das gut gefüllte Konzerthaus scheint ihnen recht zu geben. Doch warum ausschließlich Maurice Ravel – das wird trotzdem nicht recht ersichtlich. Einen Hinweis gibt das Programmheft: Bleibenden Nachruhm haben dem Franzosen ausgerechnet die beiden Stücke eingetragen, in denen er ein existierendes musikalisches Gerüst umorchestriert hat, Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ und sein „Bolero“. Will das Konzert ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen, mit Werken, die er wirklich selbst erdacht und konstruiert hat?
Mehr als die brav dahinplätschernde „Le Tombeau de Couperin“-Suite überzeugt das Klavierkonzert G-Dur mit Jean-Yves Thibaudet. Denn der zeigt, dass es nicht unbedingt einen pfauenhaft auftrumpfenden Solisten braucht, um Wirkung zu erzielen. Bei aller Virtuosität hält Thibaudet den Ball flach, atmet die spanischen Rhythmen im und mit dem Orchester und geht oft ganz in diesem auf. Das entspricht dem Charakter des Werks. Auch im Mittelsatz mit dem langen, auf Mozarts Klarinettenquintett basierendem Thema, missbraucht Thibaudet (der Ravel übrigens ähnelt im schlanken Gesicht und dem kurzen, grauen Haarschopf) nicht die Bühne, die sich ihm bietet. Sondern spielt im besten Sinne beruhigend, mit verwischendem Anschlag, impressionistisch, wenn man so will. Musik als Traumgespinst.
Janowski schmilzt bei Ravel wie Butter in der Sonne
Das setzt sich fort in den „Valses nobles et sentimentales“. Während Mahler den Walzer als Form zur gleichen Zeit explodieren lässt (und Strauss ihn scheinbar in vollem Glanz restauriert), schmilzt er bei Ravel eher wie Butter in der Sonne. Wenn Janowski nahtlos in „La Valse“ übergeht, ist es damit vorbei. Zwischen beiden Stücken liegen acht Jahre – und ein Weltkrieg. Der Walzer ist jetzt ein Totentanz, erzählt von Blut, Gewalt, Verzweiflung. Strawinskys „Sacre“ lässt grüßen. Dass hier eine Welt zerbrochen ist, präpariert der strenge Feinarbeiter Janowski heraus. Und doch ist er spürbar kein Südländer, fehlt ihm die Fähigkeit, die Dinge auch mal fließen zu lassen. Das Konzerthaus verlässt man mit dem Gefühl, dass Ravel nicht wirklich seine Welt ist.