Comic-Geschichte: Träume für die Trümmer-Jugend
Er prägte mit Serien wie „Sigurd“ und „Akim“ den deutschen Comic der Nachkriegsjahre wie kein Zweiter, blieb aber lange anonym. Jetzt würdigt ein gelungener Prachtband das Werk Hansrudi Wäschers.
„Sigurd – der ritterliche Held“, „Akim – Herr des Dschungels“, „Nick – der Weltraumfahrer“, das waren die Helden des Vor-Fernsehzeitalters, deutsche Comicfiguren, die eine ganze Generation faszinierten. Ihr Schöpfer, Hansrudi Wäscher, blieb lange anonym, war unbekannt. Aber die Comics im Scheckheft-Format – das der Papierknappheit geschuldet war – begeisterten in den fünfziger und frühen sechziger Jahren die Heranwachsenden.
Offiziell wurden Wächters Comics als „Schundliteratur“ behandelt, dabei waren die Helden doch durchaus ehrenwert, kämpften sie doch immer gegen das Böse, halfen den Schwachen und besiegten die Gegner. Das Titelbild war farbig, ein Serienlogo und eine spannende Szene, der Rest des Heftes war zunächst schwarzweiß oder rosa und hellblau koloriert.
Woche für Woche fieberten die Leser den Abenteuern entgegen
Wer sich nicht mehr genau erinnern kann oder ein spannendes Kapitel deutscher Alltagskultur kennen lernen will, der ist mit Andreas C. Knigges opulentem Band „Allmächtiger. Hansrudi Wäscher – Pionier der deutschen Comics“ gut bedient.
Knigge zeichnet Wäschers Leben nach und rezensiert die einzelnen Heftreihen. Dabei wird an Illustrationen nicht gespart. Angesichts der großen Vielfalt von Helden fällt auf, dass diese sich oft nur durch ihre Frisur und die Kleidung unterscheiden. Ihre seltsam eckigen Gesichter sehen sich alle ähnlich, aber das hat die jungen Leser damals nicht gestört. Sie fieberten den wöchentlich erscheinenden neuen Abenteuern entgegen. Zwanzig Pfennig für 32 Seiten war auch nicht gerade wenig. Wer keine Hefte kaufen konnte oder durfte, der tauschte eben.
Unumstrittener Held Wäschers war der edle Sigurd mit seiner blonden Tolle, dem roten Wams und dem Kettenhemd und seinem Schwert. Wäscher ließ sich von der färöerischen Variante des Nibelungenliedes inspirieren und siedelte seinen Helden im 12. Jahrhundert an. Die Idee für diese Hefte hatte der Hannoveraner Verleger Walter Lehning. Er sah diese schmalen Hefte im Urlaub in Italien und erwarb die Rechte. Hansrudi Wäscher, ebenfalls aus Hannover, kannte ebenfalls die schmalen Hefte aus Italien und hatte die gleiche Idee. Als er die ersten Lehning-Hefte am Kiosk sah, bestürmte er den Verleger. Dem fehlte noch eine Ritter-Serie und so erblickte 1953 Sigurd das Licht der Welt. Die schmalen Hefte – Piccolo - waren deutlich billiger als die amerikanischen Comics und daher eher erschwinglich, wenn auch nicht für jedermann.
Knigge hat nun systematisch auf fast 500 Seiten in einem großformatigen Band alles über Wäscher und die diversen Comic-Reihen zusammengetragen, deren Vielfalt selbst den Zeitgenossen überrascht. Wäscher hatte keine großen künstlerischen Ambitionen, er wollte spannende Geschichten erzählen und verkaufen. Er schreckte auch nicht davor zurück, Abenteuer wiederzuverwenden, so wurde aus Akim später Tibor, nur ein paar Namen geändert und den Lendenschurz geschwärzt - fertig.
Wäscher bescherte einer Jugend, die in den Trümmern der Nachkriegszeit aufwuchs, einen Hauch von weiter Welt und Abenteuer. Und wer sich damals die Hefte nicht kaufen durfte, findet Wäschers Werk nun geadelt und gewürdigt in einem prächtigen Band, dem es an nichts fehlt.
Andreas C. Knigge: „Allmächtiger. Hansrudi Wäscher – Pionier der deutschen Comics“, Verlag Comics etc, 494 Seiten, 49,90 Euro. Zur Website des Verlages geht es hier.
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