Ausstellung im Willy-Brandt-Haus: Trauer, Versöhnung, Hoffnung
Sie eint der Verlust: Die Fotoschau "Bereaved - Hinterblieben" im Willy-Brandt-Haus bringt die beiden Parteien des Nahost-Konfliktes gemeinsam vor die Kamera.
Zum Al-Quds-Tag werden am Sonnabend Israel-Gegner über den Kurfürstendamm ziehen, wie jedes Jahr. Größtenteils schiitische Muslime demonstrieren für die „Befreiung“ Jerusalems (arabisch: Al Quds) von den Israelis. In den letzten Jahren gab es immer wieder israelfeindliche Parolen, die auch hier vom Weiterschwelen des Nahostkonflikts künden. Dass ein Ende dennoch möglich sein könnte, will die Ausstellung „Bereaved – Hinterblieben“ im Willy-Brandt-Haus zeigen. Auf den Schwarz-Weiß-Fotografien sind Männer und Frauen allein, zu zweit, auch in Gruppen zu viert zu sehen – Palästinenser und Israelis. Politische Feindschaft aber zählt hier nicht; sie alle eint, dass sie durch Terrorangriffe und Selbstmordattentate Angehörige verloren haben.
Ein Beispiel. Zwei Männer umarmen einander, lachen, sind scheinbar froh, sich zu sehen. Der eine, Bassam Aramin, umfasst mit seinen Händen die Schultern seines Gegenübers, Rami Elhanan, der etwas größer ist und ein wenig herabschaut. Ein alltägliches Bild. Nicht aber in Ost-Jerusalem und nicht, wenn einer der Männer ein Palästinenser ist und der andere ein Israeli. Erst recht nicht, wenn beide ihre Töchter durch die Gegenseite im Konflikt verloren haben. Die Männer sind der Mittelpunkt des Fotos. Der Hintergrund – also alles, was die Umgebung zeigen könnte – ist geschwärzt.
Gemeinsame Trauer
Ein Mittel, dessen sich die Fotografin Rina Castelnuovo, die 30 Jahre als Bildjournalistin den Nahostkonflikt für die „New York Times“ dokumentierte, bei allen ausgestellten Fotografien bedient. Der Fokus liegt nicht auf der grellen Oberfläche der Nachrichtenwelt, sondern auf den Menschen, den Opfern, die bei den alltäglichen Berichten um den Nahostkonflikt oft vergessen werden. Die schmalen Szenen bilden eine Annäherung, ja, eine Nähe derer ab, die zu verfeindeten Lagern gehören – fernab der zähen Auseinandersetzung zwischen Abbas und Netanjahu. Sie porträtieren Israelis und Palästinenser, die gemeinsam trauern – und verdeutlichen, dass beide Gruppen täglich der gleichen, furchtbaren Situation ausgesetzt sind.
Anrührend die Doppelbotschaft, die diesen Fotografien von Rina Castelnuovos innewohnt: Sie sprechen von Trauer und Hoffnung zugleich. Als könnten in dieser gepeinigten Weltgegend nur Individuen miteinander Frieden schließen. Aber immerhin sie.
Willy–Brandt Haus, Di–So 12–18 Uhr, Eintritt frei.
Julia Müller
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