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Götter unter such: Thor (Chris Hemsworth, links) und sein Vater Odin (Anthony Hopkins).
© Promo

Comicverfilmung: „Thor erinnert an Henry V.“

Kenneth Branagh gilt als einer der wichtigsten Shakespeare-Interpreten. Am Donnerstag kommt die Comicverfilmung „Thor“ in die Kinos, bei der Branagh Regie führte. Im Interview erklärt er, was die Parallelen zwischen klassischen Dramen und Marvel-Comics sind.

Der Brite Kenneth Branagh ist als Shakespeare-Spezialist vor und hinter der Kamera weltberühmt geworden. Der 50-Jährige spielte und inszenierte aber nicht nur in Filmen wie „Henry V.“ oder „Hamlet“ und machte aus „Verlorene Liebesmüh'“ ein Musical. Er brachte auch „Frankenstein“ auf die Leinwand, glänzte in „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ als Lehrer-Katastrophe Gilderoy Lockhart und wurde von den Kritikern als Henning Mankells „Kommissar Wallander“ gefeiert. Nun begibt Branagh sich wieder auf neues Terrain: Er übernahm die Verfilmung des Marvel-Superhelden-Comics „Thor“ und erzählt in dem 3D-Actionfilm die Geschichte des arroganten Donnergottes (Chris Hemsworth), der einen Krieg im Götterreich Asgard entfesselt. Zur Strafe wird er von seinem Vater Odin (Anthony Hopkins) auf die Erde verbannt. Dort landet er bei einer Wissenschaftlerin (Natalie Portman) und ihrem Team. Auch das Militär wird auf Thor aufmerksam. Als ein übernatürlicher Gegner die Erde heimsucht, muss er die Menschheit beschützen. Am Donnerstag kommt der Film in Deutschland ins Kino. Wir dokumentieren aus dem Anlass Branaghs Antworten in Interviews mit Britta Schultejans (dpa) und Marina Antonioni (dapd).

Erst Shakespeare, jetzt eine Comic-Verfilmung - ist das nicht ein sehr großer Schritt?
Kenneth Branagh: Naja, die zentrale Geschichte in «Thor« handelt von einem Prinzen und davon, ob er einen guten König abgeben wird oder nicht. Das weckt Erinnerungen an Henry V.. Die Frage nach der Thronfolge stellt sich auch in Hamlet. Außerdem bedienen sich sowohl Shakespeare als auch Stan Lee in den Marvel-Comics alter Mythen anderer Völker. Shakespeare hat die Griechen und die Römer benutzt, Stan Lee die nordischen Mythen. Sie beiden haben gute Vorlagen für ihre Geschichten erkannt. In diesem Fall geht es um den jungen, vielleicht arroganten Helden, der demütig werden und sich das Recht, aus dem Exil nach Hause zurückzukehren, erst verdienen muss.

Haben Sie sich darum dazu entschlossen, diesen Film zu machen?
Ich halte diesen Film für eine großartige Metapher für Männer - und auch Frauen -, die erwachsen werden. Es ist allerdings eine besonders männliche Geschichte, weil es auch darum geht, wie Thor sein Testosteron im Griff hat und wie er die Dinge bewältigt, die Männer eben bewältigen müssen. Mir hat außerdem gefallen, dass Thor auf die Erde verbannt wird. Daran kann man sehr viel aufhängen - komische wie tragische Elemente und auch Romantik. Der Film hat mir die Möglichkeit gegeben, tolle Schauspieler zu casten und ihnen tolle Rollen zu geben - und das in einer Größenordnung, die ich sehr anziehend fand.

Shakespeare-Spezialist: Keneth Branagh.
Shakespeare-Spezialist: Keneth Branagh.
© dpa

Hätten Sie sich vor 20 Jahren auch schon vorstellen können, eine Comic-Verfilmung von Thor zu drehen? Oder hatten Sie damals einen anderen künstlerischen Ansatz?
Das ist lustig, denn in der Frage steckt ja die Annahme, dass das Wort Comic für einfach und leicht steht. Aber probieren Sie mal, über drei Jahre einen Blockbuster zu drehen über eine Figur wie Thor. Es zählt zu den schwierigsten Dingen, die ich gemacht habe. Es ist sehr schwierig, einen großen Unterhaltungsfilm zu machen. Auch bei den Shakespeare-Filmen war ich immer der Meinung, dass es sich dabei um Unterhaltungsfilme Filme handelt, weil es Filme waren, mit denen ich aufgewachsen bin und die ich sehen wollte. Hier habe ich die Arbeit genauso ernst genommen. Es war die Chance, an einem großen Thema zu arbeiten.

Sie sind also auch Comic- und Blockbuster-Fan?
Ich sehe mir so viele Filme an, wie ich kann, ungefähr zwei pro Woche. Einer der Filme ist dabei normalerweise anspruchsvoller, der andere trifft eher den Massengeschmack. Von Comics war ich nicht besessen, aber ich kannte Thor ganz gut. Ich kannte die Figuren und den Mythos. So fühlte ich mich ziemlich gut gerüstet.

War die Arbeit mit den Special Effects eine große Herausforderung?
Jede Form von Kunst ist schwierig, wenn man akribisch arbeitet. Bei diesem Film musste man manchmal schon auf sehr viel Logistisches achten. Ich hatte eine ziemlich steile Lernkurve zu meistern, was die visuellen Effekte angeht. Egal was es ist, man gibt als Künstler jedes Mal wieder sein Bestes, und es ist dann immer etwas ganz Großes.

Die Bandbreite Ihrer Arbeit ist sehr groß. Warum reizt Sie immer wieder das Neue?
Meine Mutter hat immer gesagt, ich kann nicht still sitzen. Und es gibt in mir sicher eine gewisse Unruhe. Die Dinge, die ich gemacht habe, haben bei allen Unterschieden ganz klar sehr viele Gemeinsamkeiten. Aber die Werkzeuge, mit denen die Geschichte erzählt wird, unterscheiden sich: schwarz-weiß oder jetzt 3D. Ein Teil dieser ewigen Suche nach dem Neuen ist der Wunsch, es mir nicht zu bequem zu machen und nicht zu überheblich zu werden. Ich will meine Arbeit selbst genau untersuchen und auch andere Meinungen dazu anhören. Bei dieser Verfilmung eines Marvel-Comics ist das ganz besonders der Fall, weil es so viele Fans gibt, die ihr Marvel-Empire schützen wollen und mir ganz genau auf die Finger gucken. Das ist eine große Herausforderung.

Sie sind auch als Schauspieler immer sehr experimentierfreudig gewesen. Haben Sie jemals daran gedacht, Thor vielleicht selbst zu spielen?
Nicht in einer Million Jahren! Aus sehr offensichtlichen Gründen wie Alter, Größe oder sehr vielen anderen Dingen. Außerdem ist meine Leidenschaft für die Schauspielerei in den vergangenen Jahren vor allem dadurch wieder geweckt worden, anderen dabei zuzusehen. Ich habe mich so einzigartig privilegiert gefühlt, Anthony Hopkins und Natalie Portman beim Schauspielern zusehen zu können. Sie sind beide so unglaublich gut geschulte Schauspieler. Neben ihrem offensichtlichen Talent kann man ihre Erfahrung am Set quasi fühlen. Und zu sehen, wie sie und auch die beiden brillanten jungen Schauspieler Chris Hemsworth und Tom Hiddleston das gemacht haben, war für mich wirklich faszinierend. Ich selbst habe aber überhaupt keine Ambitionen gehabt, in diesem Film mitzuspielen. Außerdem: Wann hätte ich das denn noch machen sollen?

Vorbild: Die Thor-Comics erscheinen auf Deutsch bei Panini - zum Film gleich mit einer Handvoll neuer Bände.
Vorbild: Die Thor-Comics erscheinen auf Deutsch bei Panini - zum Film gleich mit einer Handvoll neuer Bände.
© Panini

Hatten Sie die Besetzung von Anfang an so geplant?
Vor allem die Suche nach einem Thor hat sehr lange gedauert. Ich habe Leute aus Deutschland, Schweden, England, Irland - eigentlich aus der ganzen Welt - angesehen. Am Anfang wussten wir nicht genau, wie Thor aussehen könnte. Und ziemlich zum Schluss kam Chris dann rein und wir sahen in ihm diese Bandbreite, die Thor zeigen muss. Die physische Präsenz hatte er und er war tapfer genug, am Anfang des Films arrogant zu sein und zur Mitte hin dann auch seine komische Seite zu zeigen. In dem zentralen Charakter geht es um Veränderung - und das konnte er glaubwürdig rüberbringen. Ich hatte davon geträumt, genau das in diesem Film zeigen zu können und das habe ich ihm zu verdanken.

Die Comics haben eine große Fangemeinde. Haben Sie Sorge vor den Reaktionen?
Wissen Sie, auch bei Shakespeare-Verfilmungen hat es man es zuweilen mit einer sehr puristischen Gemeinschaft von Menschen zu tun, wo es dann zum Beispiel heißt, man kann „Hamlet“ nicht in das 19. Jahrhundert versetzen oder man kann doch kein Musical machen aus „Verlorene Liebesmüh'“. Auch sie sind sehr leidenschaftlich. Man hört sich das aus einer gewissen Distanz an, aber man muss seinen eigenen Film machen und seine eigene Entscheidungen treffen. Sonst müsste man für 50.000 verschiedene Leute immer unterschiedliche Filme machen.

Haben Sie beim Soundtrack auch mal daran gedacht, den Song „If I Had a Hammer“ zu verwenden als Anspielung auf Thors Machtsymbol, den Hammer?
Oh ja, das haben wir tatsächlich. Der Song war lange Zeit dabei, wir haben es mit jeder Version versucht. Und ich habe mit Kevin Feige, dem Produzenten und Präsidenten der Marvel-Studios, lange darüber diskutiert. Wir haben es zum Beispiel an der Stelle versucht, als der Truck-Fahrer auf der Erde Thors Hammer findet. Aber dann dachten wir, dass es vermutlich doch zu viel wäre. Also haben wir uns für einen anderen Song entschieden.

Stehen sie für eine Fortsetzung von „Thor“ bereit?
Die Leute fragen mich, was ist mit „Thor“ 2, 3, 4? Wer weiß, ob es eine Fortsetzung geben wird? Und ich sage das nicht, um der Frage auszuweichen. Ich hatte wirklich noch kein einziges Gespräch mit irgendjemandem von Marvel darüber. Das Ende des Films lässt sicher ein paar Fragen offen. Aber wir haben nie darüber gesprochen, wo das hinführen könnte. Ich denke, sie wollen erst einmal abwarten, ob dieser Film auch wirklich ankommt.

Mehr zum Film in Kürze auf den Tagesspiegel-Comicseiten.

Marina Antonioni, Britta Schultejans

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