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Schwarz und luftig. Eins der Ausstellungsobjekte.
© Marcus Schneider/Galerie Crone

Kunstausstellung Monika Grzymala in Berlin: Tanz mit Tesa

Federleichte Skulpturen aus Papier, Krepp und Klebeband: Die Galerie Crone präsentiert die wuchernden Raum- und Luftzeichnungen von Monika Grzymala.

„Ich will mit dem Material tanzen“, sagt Monika Grzymala. Ihren Umgang mit dem Raum, den Linien, mit den verschlungenen Körpern ihrer luftigen Skulpturen erklärt die Künstlerin aus der Bewegung heraus. In der Galerie Crone hat sie die offene Halle mit Stellwänden „getaktet“, wie sie es nennt. Zwischen Pfeilern und Fenstern zischt ein transparenter Nukleus aus durchsichtigem Klebeband wie ein Komet vorbei. Der Schweif verspannt sich stramm um die Säulen. „Liquid/Gravity“, so der Titel: Verflüssigte Schwerkraft lässt den Körper fliegen.

Die Raumzeichnungen von Monika Grzymala entstehen zunächst auf dem Bildschirm. Die Wahl-Berlinerin, Jahrgang 1970, fotografiert die architektonische Situation und wischt dann auf dem Tablet Skizzen ihrer ephemeren Skulpturen hinein: „Ich denke erst nach, wenn sich die Hand bewegt.“ Vor Ort realisiert sie dann die Gespinste mit Tesafilm. Auf ihre Anregung hin produziert die Firma eigens das beigefarbene Malerkreppband aus schwarzem Papier.

Wie nach einer Renovierung liegen in der Crone Galerie voluminöse Knäuel aus Papierklebeband – als Ergebnisse vorangegangener Ausstellungen. Abgebaut verwandeln sich die federleichten Skulpturen in plumpe Packen. Wer eine Raumzeichnung von Monika Grzymala erwerben will, kauft also das Bildprinzip. Die Künstlerin installiert die Skulptur dann beim Sammler, bezahlt wird per Kilometer. 1000 Meter Klebeband kosten 7000 Euro. Fünf bis acht Kilometer sind für eine Arbeit nicht ungewöhnlich.

Ranken und Stängel wandern in die Luftzeichnungen

Fotos an der Galeriewand führen hinein in den dynamischen Charakter der Werke. Die messerscharfen „Close ups“ sind Silbergelatineabzüge auf Barytpapier (4800 €). Obwohl Monika Grzymala, die als Zehnjährige mit der Familie aus Polen nach Berlin kam, Steinbildhauerei gelernt hat, ist ihr Material stets das Papier. So stellte die Künstlerin etwa für die New Yorker Sammlerin Dian Woodner handgeschöpfte Papierreliefs her, die wie Tapete die Räume verkleiden. Inzwischen gestaltet sie auch den Dachgarten auf dem Haus der Unternehmerin an der Upper Eastside. Clematis, Prunkwinde und Gräser wachsen dort in Töpfen aus Papierton. Regelmäßig flicht die Künstlerin die Ranken und Stängel zu eigenen Luftzeichnungen.

Wachsen, tanzen, schlingen, flechten, fließen – was geschieht mit einem Werk, das vollständig von der Bewegung abhängig ist, wenn seine Urheberin zur Reglosigkeit verdammt wird? Bei einem Besuch in New York brach sich Monika Grzymala vor einem Jahr den Fuß. Gips, Krücken, Komplikationen führten zu einer existenziellen Krise. Zugleich drängte eine verabredete Ausstellung in Reykjavik.

Nun ist im Erdgeschoss der Crone Galerie das jüngste Projekt „The Making of Forming Something New“ zu sehen. Dabei entstand eine Zeichnung, die sich aus 454 einzelnen Blättern zusammensetzt. Jeden Tag skizzierte die Künstlerin einen Linienabschnitt und faxte das Blatt nach Island. „Meine Line of Flight“ – ihre Fluchtlinie nennt sie frei nach Gilles Deleuze die schwarzen Kurven und Loopings auf dem Papier. „Es geht darum, sich selbst zu übertragen.“ Diesmal war das Fax ihr Transportmittel. Am 22. Oktober 2014 schickte sie ein weißes Blatt und erfuhr anschließend von der Kuratorin, dass es an diesem Tag zum ersten Mal in Reykjavik geschneit hatte.

Die verschlungenen Linien des „entkörperlichten Kunstwerks“, wie Monika Grzymala ihre Blätterfolge nennt, erinnern tatsächlich an Spuren im Schnee. An die Abdrücke einer umherirrenden Polarforscherin in unbekanntem Terrain. Die Schleifen loten das künstlerische Potenzial in einer Situation aus, die kaum Handlungsspielraum erlaubt. Die Zeichnung expandiert in alle Windrichtungen, die Koordinaten am oberen Rand ordnen jedes Blatt in das Gesamtbild ein. „The Making of Forming Something New“ ist als Edition erhältlich, bis Weihnachten zu einem Subskriptionspreis von 800 Euro. Die Künstlerin ist inzwischen wieder gut zu Fuß. Als Bildhauerin, die gern mit Klebeband arbeitet, hat sie gelernt, ihre Ferse zu tapen.

Galerie Crone Berlin, Rudi-DutschkeStr. 26, bis 21. 11., Di – Sa 1 1 – 18 Uhr

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