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Magische Power. Als Chirurg hat Dr. Strange ausgedient. Aber es gibt ja die Möglichkeit, zum Superhelden umzuschulen.
© Marvel/Disney

Im Kino: „Dr. Strange“: Superheld in Beige

Als Chirurg hat er ausgedient, also versucht sich „Dr. Strange“ als Superheld - und rettet in der gleichnamigen und hochkarätig besetzten Comic-Verfilmung die Welt.

Ein Arzt des Vertrauens: Beim Operieren lässt sich Neurochirurg Dr. Strange (Benedict Cumberbatch) zur Entspannung gern Musik einspielen. Um dann die Pistolenkugel, die im Gehirn des betäubten Patienten steckt, mit ruhiger Hand herauszuzuppeln.

Genau diese Skills verliert der selbstgefällige Protagonist der neuen Marvel-Kinoadaption, als er einmal zu lange von der kurvigen Straße wegschaut und bei 180 Sachen mit dem Sportschlitten im Abgrund landet. Doch nach Operation nunmehr als Patient und trotz Rekonvaleszenz zittern ihm fortan die Hände. Also sucht Strange – nach erfolglosen herkömmlichen Therapien – spirituelle Genesung. In Indien findet er die glatzköpfige, zwielichtige Superzauberin „Die Älteste“ (Tilda Swinton), die ihm erst die agnostischen Flausen aus- und dann magische Kräfte eintreibt. Zur Rettung der Menschheit vor den Ultrabösen schickt sie den begabten Schüler auf eine Mission ins „Multiversum“, das in Tricktechnik, Action- und Ideenreichtum durchaus oberhalb von „Inception“, „Thor“ und dem jüngsten Bond siedelt.

Dass der Strange-Charakter, den Marvel 1963 aus der Taufe hob, mit derart menschlichem Anliegen auf die Reise geht, ist ein hübsches Motiv im Superheldengenre – muss sich Strange doch vom arroganten Wissenschaftler zum demütigen Esoteriker wandeln. Benedict Cumberbatch, von „Vanity Fair“ zum „thinking woman’s crumpet“ (etwa: das Sahneschnittchen der denkenden Frau) geadelt, kann so was, anders als viele seiner breitschultrigen und kantkinnigen Kollegen. Seine Besetzung ist ein Coup in dem Film von Scott Derrickson, der zusammen mit C. Robert Cargill und dem Autor des „Alien“-Prequels „Prometheus“, Jon Spaihts, das Drehbuch schrieb.

Denn Cumberbatch, der nach seinen Rollen als Alan Turing in „The Imitation Game“ und Julian Assange in „Inside Wikileaks“ hier erneut ein Genie spielt, schaut man sogar gern zu, wenn er zu den Klängen von Pink Floyds „Interstellar Overdrive“ in einer CGI-Parallelwelt schwebt. Oder wenn er dem Hüter der Zauberbuchbibliothek, der sich einsilbig als „Wong“ vorstellt, cool hinwirft: „Aha, nur Wong. Wie Adele. Oder Beyoncé ...“

Krude Story, rasante Unterhaltung

Seinem Ausnahmetalent auch ist es zu verdanken, dass die krude Story um Strange, Baron Mordo (unterfordert: Chiwetel Ejiofor) und den Kampf gegen einen abtrünnigen Ex-Schüler (Mads Mikkelsen) mit all den Trick-Sperenzchen nicht langweilt, sondern recht rasante Unterhaltung bietet. Und die ist immer dann am schönsten, wenn der Grundkonflikt – wissenschaftliches Denken gegen metaphysische Ideen – ausgespielt wird. Etwa als Strange mithilfe seiner Ex-Freundin (Rachel McAdams) an der leiblichen Hülle der Ältesten herumdoktert.

Hardcore-Marvel-Fans übrigens kritisierten, dass für die Rolle der Ältesten kein asiatischer Schauspieler verpflichtet worden war – schließlich stamme die Comicfigur aus Tibet. Cargill konterte jüngst, der Original-Älteste stehe als „böser Asiate“ für ein rassistisches Stereotyp – und da habe man eine Milliarde potentieller chinesischer Zuschauer lieber nicht verprellen mögen. Die schottische (und immerhin weibliche) Swinton-Variante erschien den Box-Office-Kalkulatoren wohl lukrativer.

In 24 Berliner Kinos

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