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Nancy Sinatra hat stets die ihr gebührende Aufmerksamkeit gehabt, sei es als Autorin, bei ihrem Engagement für Vietnamveteranen oder als „Playboy“-Covergirl mit 54 Jahren.
© ddp

Nancy Sinatra: Stiefellady

Die Sängerin Nancy Sinatra wird 70. Unter dem Stempel als Sinatra-Tochter und One-Hit-Wonder hatte sie ihre gesamte Karriere lang zu leiden.

Es ist schwer zu sagen, welcher der zwei Männer Nancy Sinatras Karriere mehr geholfen und damit überschattet hat. War es ihr Vater Frank Sinatra, von dem sie sagt, er hätte sich nie in ihre Belange eingemischt, mit dem sie aber im Duett 1967 einen ihrer größten Hits hatte, „Somethin’ stupid“? Oder war es der Komponist, Sänger, Songwriter und böse Bube Lee Hazlewood, der sie Mitte der Sechziger entdeckte, mit „So long, Babe“ ihren ersten Hit schrieb und sie mit „These boots are made for walkin’“ 1966 weltberühmt machte? Sinatra-Tochter, One-Hit-Wonder – damit hat sich Nancy Sinatra ihr ganzes Leben als Künstlerin und Entertainerin herumschlagen müssen.

Selbst in den vergangenen Jahren, da es still um sie geworden war und sie 2004 mit einem Album eine Art Comeback feierte, musste sie wiederholt darauf verweisen, dass sie mehr als zwanzig große Hits gehabt hat, darunter etwa den Titelsong für den James-Bond-Film „You only live twice“. Ein Trost dürfte gewesen sein, dass der 2007 verstorbene Lee Hazlewood unter demselben Problem litt wie sie. Auch er musste stets andere Großtaten wie etwa „Summerwine“ „Lady Bird“ oder „Some Velvet Morning“ ins Spiel bringen. Zuweilen galt Hazlewood nur als der Mann an Nancy Sinatras Seite.

Es heißt zwar, er hätte ihr bei „These boots are made for walkin’“ die Stimme um anderthalb Töne tiefer gelegt, um sie weniger nach Schulmädchen und mehr nach Sexbombe klingen zu lassen, zumindest aber nach einer 16-Jährigen, „die sich mit 45-jährigen Lastwagenfahrern herumtreibt“, wie Hazlewood einmal sagte. Dabei hatte die schöne, weiß bestiefelte Nancy Sinatra genug Charisma und Power, dass sie nach acht gemeinsamen Alben und dem Ende der Zusammenarbeit 1972 später gar als Postfeminismus-Vorkämpferin und wenn schon nicht als Riot-Grrrl, so doch als Girl-Vorbild galt.

Schönheit ist das eine, das andere eine Biestigkeit, die der Schönheit ihren Reiz gibt. Und der Wille, es bei nicht ganz so großen stimmlichen Qualitäten schaffen zu wollen. So hat Nancy Sinatra auch nach ihrer erfolgreichsten Zeit immer wieder die ihr gebührende Aufmerksamkeit gehabt, sei es als Autorin zweier Bücher über ihren Vater, sei es bei ihrem Engagement für Vietnamveteranen oder als „Playboy“-Covergirl mit 54 Jahren.

Musikalisch klappte es erst wieder vor sechs Jahren, mit einem selbst betitelten Album, für das die Helden ihrer beiden Töchter die Songs schrieben, Musiker wie Morissey, Jarvis Cocker oder Joey Burns von Calexico. Hier schloss sich ein Kreis, hier konnte sie demonstrieren, was sie kann: Country ebenso wie das süße Schwelgen. Sie gibt sich betont selbstbestimmt und ist zugleich auf ewig Papis Lieblingstochter. Heute feiert Nancy Sinatra ihren 70. Geburtstag.

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