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Der kleine Aton-Tempel heute. Echnatons Tempel sahen genug Raum vor, um der Sonne zu huldigen, wenn sie über den Himmel zog. In den großen Höfen standen Opfertische mit Essen. Der kleine Aton-Tempel stand auf einer Achse, die ostwärts zu einer Schlucht führte, in der Echnatons Grab war. Die Säulen sind moderne Rekonstruktionen nach gefundenen Fragmenten.
© Gwil Owen

Grabungen in Amarna heute: Stadt des Sonnengottes

Echnaton baute eine Stadt im Nichts, um seiner monotheistischen Religion zu huldigen – Achet-Aton wird heute von britischen Archäologen erforscht.

Vor fast dreieinhalbtausend Jahren, um 1350 vor Christus entwickelte der in Ägypten herrschende Pharao die Vision einer reinen Form der Religion, die er, als Ägyptens Herrscher, verpflichtet war zu erhalten. Sein Name war Echnaton. In seinen Augen war die wahre Natur Gottes verdunkelt von komplexen Bildern und Zeremonien, die in großem Maße erblüht waren. Die wahre Macht Gottes sah er im Licht, das von der Sonne aus erstrahlte und eine Botschaft von Rechtschaffenheit und „Wahrheit“ mit sich trug. Dieser Sonnengott wurde Aton genannt. Die für ihn angemessene Darstellung war eine stark gewölbte Scheibe, von der mehrere Strahlen ausgingen, die jeweils in eine menschliche Hand mündeten. Wo diese Hände den König und seine Ehefrau, Nofretete, berührten, boten sie ihnen den Hieroglyphen für „Leben“ an.

Echnaton wollte Aton auf eine Art und Weise ehren, die besser zu seiner Konzeption der Reinheit des Sonnenlichtes passte. Im fünften Jahr seiner Herrschaft wählte er einen Wüstenort am Ostufer des Nils, der auf halbem Weg zwischen den Städten Memphis (nahe Kairo) im Norden und Theben (Luxor) im Süden liegt. Er erzählt uns in seinen eigenen Worten, dass Aton ihn geleitet habe und dass eines der Charakteristika dieses neuen Ortes war, dass er keine frühere Eigentümerschaft oder Verbindung mit Göttern oder Göttinnen besaß. Es war eine reine Wüstenlandschaft. Den Horizont bildete eine Reihe scharfkantiger Klippen, über denen Tag für Tag die Sonne aufgehen sollte. Er nannte den Ort „Der Horizont des Aton", Achet-Aton. Er zeichnete seine Absichten auf einer Serie von gravierten Grenzsteinen oder stelae auf, die den Umfang von Achet-Aton definierten. Einige von ihnen haben bis heute überdauert. Der moderne Name des Ortes ist Tell el-Amarna, oder einfacher, Amarna.

Mehr als 20 000 Menschen zogen mit dem König nach Achet-Aton

Echnaton definierte die Grenzen von Achet-Aton durch so genannte Grenzstelen, die in die umliegenden Hügel der Wüste eingarviert wurden. Sie sind mit Hieroglyphen beschriftet und beschreiben exakt die grenzen der Stadt. Meist wurden sie von Statuen Echnatons und Nofretetes flankiert. Diese "Stele U" misst 8,37 Meter.
Echnaton definierte die Grenzen von Achet-Aton durch so genannte Grenzstelen, die in die umliegenden Hügel der Wüste eingarviert wurden. Sie sind mit Hieroglyphen beschriftet und beschreiben exakt die grenzen der Stadt. Meist wurden sie von Statuen Echnatons und Nofretetes flankiert. Diese "Stele U" misst 8,37 Meter.
© Gwil Owen

Echnaton flüchtete allerdings nicht vor den Staatsgeschäften. Dort wo die Wüste auf den Fluss trifft, befahl er den Bau zweier bedeutender Tempel für den Aton, mehrerer Paläste und eines Verwaltungsquartiers, um die verschiedenen Abteilungen der Regierung unterzubringen. Der Bekannteste, das „Büro für Korrespondenz des Pharaos“, war Ort der Entdeckung von über 300 Tontafeln, (den Amarna-Briefen) im späten 19. Jahrhundert, Teil eines Archivs der Korrespondenz zwischen dem ägyptischen Hof und verschiedenen Staaten, großen und kleinen, verteilt über den gesamten Nahen Osten.

Einige der Kerngebäude wurden aus Steinblöcken errichtet, verziert mit bunt bemalten, hin und wieder eingravierten Szenen, die oft die königliche Familie bei der Verehrung des Aton darstellten. Ein ehrgeiziges Programm wurde entwickelt, um sie mit schön geformten Steinstatuen der Königsfamilie, manchmal in kolossalem Ausmaß, auszuschmücken. Wie es zum Wesen des Aton passte, waren die Tempel zum Himmel hin offen und bestanden aus einer Abfolge von Höfen. In ihnen standen hunderte Opfertische, auf denen Essen ausgelegt wurde, das anschließend an einen Teil der Stadtbewohner verteilt wurde. Ein großer Teil der Stadt jedoch wurde aus sonnengetrockneten Ziegeln erbaut, einschließlich mehrerer Paläste, deren Mauern und manchmal die Böden mit Motiven aus der Natur wie Vögel oder Fische geschmückt waren.

Echnaton nahm nach Amarna jene Menschen mit, aus denen ein königlicher Hofstaat gebildet wurde. Dazu kamen die Verwalter, die nötig waren, um sowohl Ägypten als auch die Gebiete südlich und nordöstlich davon, die das Ägyptische Reich bildeten, zu führen. Jeder höhere Beamte führte ein überaus extensiven Haushalt und benötigte mehrere jüngere Beamte für all die Stellen in der Verwaltung. Zu guter Letzt zog eine Bevölkerung, die wir auf etwa 20 000 bis 30 000 Menschen schätzen, nach Amarna.

Der König hatte nur eine lange Straße anlegen lassen

In den Hüglen hinter Amarna erlaubte Echnaton seinen hohen Beamten aus seiner engeren Umgebung, sich Gräber zu graben, die mit geschmückten Kapellen versehen waren. Solche Erdgräber findet man im Norden und - wie hier - im Süden. der Besitzer ist nicht überliefert.
In den Hüglen hinter Amarna erlaubte Echnaton seinen hohen Beamten aus seiner engeren Umgebung, sich Gräber zu graben, die mit geschmückten Kapellen versehen waren. Solche Erdgräber findet man im Norden und - wie hier - im Süden. der Besitzer ist nicht überliefert.
© Gwil Owen

Als sie ankamen, fanden sie keine Stadt vor, die auf sie wartete. Alles, was der König getan hatte, war eine lange, gerade Straße anzulegen, die einigermaßen parallel zum Fluss verlief. Die Hauptgebäude, die er wünschte, einschließlich der Tempel, wurden dann auf beiden Seiten erbaut. Was der Einzelne tun musste, war, ein Grundstück zu wählen und sein Haus darauf in einer bestimmten Art und Weise zu erbauen. Sie nahmen dabei jene Orte zum Vorbild, in denen sie zuvor zu Hause waren. Das Ergebnis war eine Reihe von sich überlappenden und miteinander verschmelzenden Dörfern, in denen sich die Menschen zwischen Zentrum und Vororten frei bewegen konnten. Einen vorgegebenen Grundriss gab es nicht.

Im Zentrum des lokalen Lebens befanden sich die Häuser der Hohen Offiziellen, der Priester, Armeeoffiziere, Verwalter oder (im Fall von Thutmosis, in dessen Haus die Nofretete-Büste gefunden wurde) eines Bildhauers, der fähig war, Meisterwerke zu schaffen. Rund herum angeordnet waren die Häuser von Abhängigen, die häufig auch im Herstellen von Objekten aus Stein, Holz, Glas, Metall und Ton bewandert waren, Baumwolle spinnen und Textilien weben konnten. Sie stellten diese Kunsthandwerke in ihren Häusern und in angrenzenden, kleinen Höfen her, so dass der Eindruck entsteht, dass die gesamte Stadt eine einzige, große Fabrik war, die die Bedürfnisse des Hofes bediente.

Grabungen innerhalb der Stadt haben eine Fülle an Objekten und anderen Beweismitteln hervorgebracht, die uns helfen zu rekonstruieren, wie die Menschen damals lebten. Wir lernen über ihre Ernährung, wie sie sich kleideten und welchen religiösen Überzeugung sie anhingen. Echnaton erschuf eine neue, strenge Form der öffentlichen Religion, schien aber nicht daran interessiert gewesen zu sein, diese der großen Masse der Bevölkerung aufzuzwingen. Sie verehrten weiterhin die traditionellen Götter und Göttinnen, wenn sie Schutz vor Unheil und Gefahren suchten.

Tutenchamun beendete das Experiment

Eine bedeutende Entdeckung der vergangenen Jahre war die von einigen Friedhöfen, in denen die gewöhnlichen Bewohner von Amarna begraben wurden. Für Beerdigungen waren kaum finanzielle Mittel vorhanden. Für die Mehrheit bestanden die Gräber daher nur aus einfachen Löcher im Sand, Mumifizierung wurde nicht angewandt und den Gräbern wurden sehr wenige Objekte beigefügt. Die Skelette bilden dennoch einen Schatz an Informationen. Sie lassen eine Bevölkerung erkennen, die offenbar sehr hart arbeiten musste, schlecht ernährt war und jünger starb, als man es gemeinhin von der antiken Welt erwarten würde.

Echnaton starb, als die Stadt nicht älter als zwölf Jahre alt war. In ihrer Unverwechselbarkeit bestand sie noch einige weitere Jahre, regiert von einem oder mehreren kurzzeitigen Nachfolgern. König Tutenchamun, der nun von der alten Hauptstadt Memphis aus herrschte, beendete früh in seiner Regierungszeit das Experiment – und die Stadt ging unter. Was er und seine Berater nicht ahnen konnten war, dass so viel später die Ruinen der Stadt Echnatons Herrschaft und seine Vision wieder lebendig werden lassen würden.

Der Autor ist Leiter des Amarna-Projects der Universität Cambridge in Ägypten. Weitere Informationen unter www.amarnaproject.com. Von Barry Kemp ist gerade "The City of Akhenaten and Nefertiti; Amarna an its People.", London, Thames & Hudson 2012, erschienen. Aus dem Englischen von Annika Brockschmidt

Barry J. Kemp

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