Christoph Eschenbach und das DSO: So muss Schumann klingen
Mit Standardwerken des großen Repertoires begibt man sich häufig auf Glatteis. Christoph Eschenbach und das Deutschen Symphonie-Orchester Berlin meistern die Partie trotzdem mit Bravour.
Mit Standardwerken des großen Repertoires begibt man sich immer aufs Glatteis. Große Aufnahmen liegen im Ohr, legendäre Interpretationen prägen. Das zweite Klavierkonzert von Brahms ist so ein Stück, in dem jedem sofort auffällt, wenn jemand die Konvention verlässt und wenig betretene Pfade sucht. Christoph Eschenbach am Pult des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin (DSO) ist so ein Mann, der es anders machen will, und in Tzimon Barto am Flügel, der im Bass leider ziemlich schlampig gestimmt ist, findet er einen Mitdenker.
Eschenbach zeigt das Reminiszenzhafte der Hochromantik im Brahmsstil, die zur Entstehungszeit fast schon überholt war. Der Dirigent widmet sich den Brüchen, zerklüftet die in großen Bögen verklammerte Struktur, hält sich an jedem Akzent, jedem Rubato, jedem noch so versprengten Einwurf fest. Das ist interessant, stört aber zuweilen den inneren Spannungsbogen. Am besten funktioniert dieses Prinzip im langsamen Satz, den Barto zwar ein bisschen zu manieriert an einigen Fermaten fast stehen bleiben lässt, aber dafür ein Pianissimo erzwingt, wie man es vor allem im Orchester selten hört.
Überhaupt ist das DSO, dessen Streicher einen bemerkenswert warmen Klang erzeugen, offenkundig bester Stimmung. Angeführt vom ehemaligen Konzertmeister Sebastian Breuninger, der 2001 nach Leipzig abwanderte, entwickelt es nach der Pause in Schumanns Zweiter ungeahnte Energie. Man hat das Gefühl, das Orchester erneuert sich gerade, so wach folgt es den sparsamen Impulsen Christoph Eschenbachs. Ja, so muss Schumann klingen, dann wird er verstanden.
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