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Szene aus Lunchbox.
© dpa

Ritesh Batras Kino-Debüt „Lunchbox“: So lecker kann die Liebe sein

Wer Indien verstehen will, muss seine Küche kennen. Ritesh Batra gibt mit seinem Kino-Debüt „Lunchbox“ dazu den Anstoß. Ein Film über Mumbai, Religion, Einsamkeit - und Essen.

Züge rattern, rumpeln über die Gleise. Zwei große Bahnstränge durchziehen Mumbai, Lebensadern der Stadt, Millionen Pendler nutzen sie jeden Tag. Die Schienen sind abgenutzt, schon der Beginn von Ritesh Batras Debüt „Lunchbox“ zeigt es; eng ist es in den Waggons, stickig und schmutzig. Hier artikuliert sich der alltägliche Überlebenskampf, aber die Bewohner der Mega-City sind ihn gewohnt. Das System funktioniert.

„Ich stehe mein Leben lang“, sagt Saajan (Irrfan Khan), „ich werde auch stehend begraben werden.“ Saajan arbeitet in der Schadensabteilung einer Versicherung, und in 35 Berufsjahren hat er keinen einzigen Fehler gemacht. Auch als ihm der junge Shaikh (Nawazuddin Siddiqui) als möglicher Nachfolger vorgesetzt wird, nimmt er das still zur Kenntnis – ein Witwer, der abends vom Balkon ins Wohnzimmer der glücklichen Nachbarfamilie blickt, jeden Tag.

„Lunchbox“ ist vieles: ein Film über Mumbai, über Religion, über Einsamkeit. Und übers Essen. Wer Indien verstehen will, muss seine Küche kennen. Büroangestellte bekommen ihr Mittagessen von der treusorgenden Ehefrau gekocht – und die Dabbawallas genannten Boten transportieren täglich Zehntausende von Lunchboxen per Fahrrad und Zug in die Büros, immer landet das noch warme Essen auf dem richtigen Tisch. Die Fehlerquote? Eins zu sechs Millionen – ein einzigartiges System aus Zeichen und Codes. Ursprünglich wollte der in Mumbai geborene Regisseur einen Dokumentarfilm über die Dabbawallas drehen. Bis ihm die Idee zu „Lunchbox“ kam.

Die Story gründet auf dem Undenkbaren: dass ein Dabbawalla einen Fehler macht. Saajans Mittagessen, eigentlich aus dem Restaurant, stammt von einer gewissen Ila (Nimrat Kaur) – eine Verwechslung mit Folgen. Ila kocht wie eine Göttin. Jung ist sie und hübsch, lebenslustig und traurig zugleich. Ihr Ehemann vernachlässigt sie, reden kann sie nur mit einer Nachbarin, die Körbe abseilt mit Gewürzen. Als die Lunchboxen jeden Tag leergeschleckt zurückkommen, merkt Ila, dass etwas nicht stimmt. Und eine höchst eigenartige Romanze beginnt. Ila schreibt Briefe an Saajan und steckt sie in die Lunchbox, der schreibt zurück, der Dabbawalla wird zum Post- und Liebesboten. Und Batras Film zur Einführung in die Kunst, Ordnung im Chaos zu finden, schicksalhafte Zufälle anzunehmen. Oder, wie Shaikh einmal zu Saajan sagt: „Der falsche Zug kann zum richtigen Bahnhof fahren.“

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