Kultur: Schön brav
„Hilde“: Kai Wessel zeigt die Schokoladenseite
Der Beginn ist ein Versprechen, ein einziger langer Lauf. Ankunft auf dem Flughafen Tegel 1966, die Rückkehr nach Deutschland, nach Berlin. Die Reporter drängen sich, der Star ist schlagfertig, flott, gut aufgelegt, und absolut modern, im weißen Etuikleid. Großauftritt noch einmal, auch für den Flughafen Tempelhof. Und aus dem Off singt Hildegard Knef: „In dieser Stadt kenn ich mich aus/In dieser Stadt war ich mal zuhaus ...“.
Das Versprechen wird nicht eingelöst. Der lange Lauf dieses Lebens war ein Hindernislauf, doch von den Höhen und Tiefen füllt Regisseur Kai Wessel in seinem Film, der am Donnerstag ins Kino kommt, nicht wenige mit Kitsch, Sentiment und Betulichkeit. Der Krebs. Das Morphium. Die hemmungslose Liaison mit der Öffentlichkeit, bis ins Alter, diese Sucht nach Rampenlicht, ja, auch die Verschwendung, die Egozentrik, aber eben auch der Mut, die Stehaufmännchen-Qualität: Alles, was Hildegard Knef zu einer einzigartigen Figur der deutschen Nachkriegszeit macht, fehlt. Bravheit: Für einen Film über die Knef ist das die schlimmste Sünde.
Stattdessen zeigt Wessel den geraden Weg zum Ruhm, in sehr langen 134 Minuten. Die ehrgeizige Schauspielschülerin, die lieber Bombengefahr in Kauf nimmt, statt sich von ihren Studienplänen abbringen zu lassen, die sich zielgerichtet den NS-Dramaturgen Ewald von Demandowsky als Geliebten sucht, die die Kriegsgefangenschaft übersteht, um bald wieder auf der Bühne, vor der Kamera zu strahlen: Sie hebt der Film in seiner ersten Hälfte auf ein Podest aus Weltkriegs-Pappkulissen, um dann in effektvoller Parallelmontage die Hinrichtung des einstigen Geliebten und den Durchbruch mit Wolfgang Staudtes „Die Mörder sind unter uns“ zu zeigen. So plakativ verläuft ein Leben?
Und so geht es weiter, in simpler KlippKlapp-Dramaturgie, von der Kaltstellung in Hollywood über den Skandal um „Die Sünderin“ bis, 1966, zum ersten Konzert in der Philharmonie. Hier endet der Film, obwohl noch so viel Schmerzens- und Dramenstoff eines Lebens folgt. Eindringlich immerhin Heike Makatsch, wenn sie als Hilde allein im Tonstudio ihr erstes Lied aufnimmt, voller Unsicherheit, ob sie es wohl kann: Singen. Die größte Sängerin ohne Stimme hat Ella Fitzgerald die Knef genannt, und Heike Makatsch teilt ihr Problem. Doch sie macht das gut, mit Mimikry bis ins Detail, und jener Mischung aus Herbheit und Schnauze, die auch Knef so unverwechselbar machte. Dennoch: Schmerzhaft unzureichend dieser Film!. Da haben wir so große Schauspielerinnen – wie klein macht sie unser Kino. Christina Tilmann
Christina Tilmann
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