"Ned Rifle" auf der Berlinale: Schluss mit Schuss
Hal Hartleys Turbothriller „Ned Rifle“ macht Tempo in der Panorama-Sektion. Der windungsreiche Filmplot beherzigt dabei eine alte Theaterweisheit.
Der alte Tschechow-Satz, nach dem ein Gewehr, das im ersten Akt an der Wand hängt, im letzten abgefeuert wird, gilt natürlich auch für Filmhelden, die das Gewehr im Namen tragen. Ned Rifle, Protagonist des gleichnamigen Panorama-Beitrags von Hal Hartley, kündigt denn auch gleich zu Beginn des Films mit biblischem Pathos einen Vatermord an. Den wird er am Ende zwar nicht begangen haben, doch auf verworrenen Wegen geht das Tschechow-Motto trotzdem auf.
Der Film ist der Abschluss einer Trilogie, aber man muss Hartleys Vorgängerfilme „Henry Fool“ (1997) und „Fay Grim“ (2006) nicht unbedingt gesehen haben, um an „Ned Rifle“ seinen Spaß zu haben. Die wichtigere Voraussetzung ist, nicht allzu viel auf plausible Dialoge zu geben. Sprechpuppenartig lässt Indiefilmlegende Hartley seine Darsteller intellektuell überfrachtete Drehbuchsentenzen aufsagen – ein Stilmittel, dessen trockene Komik ihren Reiz hat, auch wenn sie langfristig auf Kosten der emotionalen Nähe zwischen Zuschauern und Figuren geht.
Quasi als Ausgleich steckt sehr viel Plot in Hartleys Hochgeschwindigkeitsthriller. Ned (Liam Aiken) will seine unschuldige Mutter Fay (Parker Posey) rächen, die anstelle des Vaters Henry (Thomas Jay Ryan) eine lebenslange Gefängnisstrafe absitzt. Der poetisch hochbegabte Henry wird außerdem von der durchgeknallten Literaturstudentin Susan (Aubrey Plaza) gejagt, die mit Ned anbandelt und gleichzeitig Fays verkrachten Dichterbruder Simon (James Urbaniak) in die Handlung verwickelt. Weil zwischendurch auch noch ausgiebig über amerikanische Kultur philosophiert wird, ist es keine kleine Leistung, dass der windungsreiche Plot am Ende in eine halbwegs stringente Auflösung mündet. Der Schluss ist, siehe oben, ein Schuss.
12.2., 10 Uhr (Cinemaxx 7), 13.2., 17 Uhr (Cubix 9)