Vampir-Nazi-Superhelden-Trash: Saug Heil
Jörg Buttgereits Spektakel „Captain Berlin“ ist es eine augenzwinkernde Hommage an die US-Heldencomics der 40er Jahre. Zur kürzlich veröffentlichten DVD-Fassung gibt es als Gimmick ein Heft im klassischen Stil.
So hat man die Geschichte der „Operation Walküre“ noch nicht erzählt bekommen: Dass Adolf Hitler das Attentat vom Juli 1944 überlebte, lag nicht etwa am puren Glück des Diktators. Nein, die Schuld trägt einer der schärfsten Widersacher der Nationalsozialisten, der den Attentätern um Stauffenberg unwissentlich ins Handwerk pfuschte: Captain Berlin. Denn der maskierte Comic-Muskelprotz mit dem Bären auf der Brust war es, der Hitler an eben jenem 20. Juli dingfest machte und ihn in Superman-Manier vor ein Gericht des Völkerbundes schleppen wollte – und damit außer Reichweite der Bombe brachte, die das Leben des Diktators beenden sollte.
So erzählt es zumindest ein Mini-Comic, der jetzt als Dreingabe zur kürzlich veröffentlichten DVD-Fassung von Jörg Buttgereits Historienspektakel „Captain Berlin“ erschienen ist. Meisterhaft und mit großem Respekt für ihre Vorbilder persiflieren Buttgereit und die Comic-Zeichner Rainer F. Engel und Levin Kurio die US-Heldencomics der 40 Jahre. Vor allem Jack Kirbys hyperpatriotischer Captain America stand offensichtlich Pate bei dem achtseitigen Spaß, der laut Ankündigung nur der Auftakt einer längeren Comicadaption von Captain Berlins Abenteuern ist.
Die sind auch als bewegter Film trashiges Comic-Entertainment. Wer sich an den überzeichneten Charakteren der Bildgeschichten aus der goldenen Ära der Superhelden erfreuen kann, wird auch mit der von Thilo Gosejohann verfilmten Fassung des Bühnenstückes „Captain Berlin versus Hitler“ seinen Spaß haben.
In der Inszenierung, die vor gut zwei Jahren im Berliner Hebbel-Theater zu sehen war, kämpft der einst vom deutschen Widerstand geschaffene antifaschistische Held in Strumpfhosen, gespielt von Jürg Plüss, gegen eine Hitler-Reinkarnation, die dessen einstige Leibärztin Frau Dr. Ilse von Blitzen im Mauer-Berlin des Jahres 1973 zu neuem Leben erwecken will.
Daraus entwickelt der Horror-Kunstfilmer Buttgereit ein herrliches Spektakel voller Anspielungen auf Comic-Klassiker, bei dem die Kulisse nicht zufällig ein buntes Zirkuszelt ist. Halb Wochenschau, halb Muppetshow, erzählt das Stück vom Kampf um Hitlers Hirn, ein aus Körperteilen gebautes Monster namens Germanikus und einen kommunistischen Vampir, dessen Blut der alte Diktator anzapft, um auf seine alten Tage doch noch ewig leben zu können – Saug Heil! Das Ganze wird im Film mit Sprechblasen und Panels so umgesetzt, als sei man in einem animierten Comic-Heft gelandet. Ein großer, politisch völlig unkorrekter, aber sehr kurzweiliger Spaß. Und eine tiefe Verbeugung vor den bunten Helden vergangener Tage in all ihrer heroischen Absurdität. (lvt)
„Captain Berlin versus Hitler“, DVD mit Booklet, 75 Minuten, zwischen 23 und 28 Euro, Media-Target Distribution, mehr unter diesem Link. Zur Seite von Regisseur Buttgereit geht es hier.
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