"Pro Quote Regie": Sag mir, wo die Frauen sind
Der Frauenanteil in der deutschen Regie ist erschreckend gering, auch bei den Wettbewerbsfilmen der Berlinale. Die Aktivistinnen von „Pro Quote Regie“ stellen ihre Forderungen vor.
Auch diesmal war die PQR-Bubble wieder auf dem Potsdamer Platz zu finden, gleich beim Hotel Ritz Carlton: Ein gerade mal ein Dutzend Personen fassendes rundbuckliges und transparentes Zelt, das als kleine Insel im Verkehrs- und Berlinale-Trubel neben diversen DJ-Abenden der persönlichen und medialen Vernetzung diente. Denn die hier stattfindenden Begegnungen und Interviews mit Sympathisantinnen wurden auch gleich vor Ort geschnitten, ins Netz gestellt und betwittert.
PQR steht für „Pro Quote Regie“, also für den 2014 gegründeten Zusammenschluss weiblicher Filmprofessioneller und vieler männlichen Unterstützer, der mit über 340 Regisseurinnen, geballter Wut und der Forderung nach einer gestaffelten Quote von 30 bis 50 Prozent in den nächsten zehn Jahren bei der letztjährigen Berlinale erstmal laut die Stimme erhob. Dabei fanden die erschreckenden Zahlen zur Präsenz von Regisseurinnen in Film- und Fernsehproduktionen auch Resonanz bei institutionellen Größen wie Monika Grütters oder Dieter Kosslick.
Gefährdet die Quote die Qualität der deutschen Filmkultur?
Praktisch ist aber bisher auf der Berlinale wenig geschehen. So hat sich die Zahl der Regisseurinnen im Wettbewerb von vier im Jahr 2014 auf zwei in diesem Jahr sogar halbiert. Quer durch das gesamte Festival hat sich die Zahl weiblicher Regiearbeiten nur wenig verändert (2014: 99, 2015: 114, 2016: 98) – und auch dies ist nur dem erhöhten Frauenanteil in den Sektionen Generation und Forum Expanded zu verdanken.
Seit gestern ist die Bubble wieder abgebaut, und die PQR-Aktivistinnen sind weiter gezogen in die Akademie der Künste, wo sich am Dienstag ein von SPD-Politikerin Elke Ferner bis Fack-ju-Göhte-Produzent Christian Becker bunt besetztes Panel unter dem Motto „Quote versus Qualität oder Qualität durch Quote“ mit dem Argument auseinandersetzen sollte, eine Quotierung würde die Qualität deutscher Filmkultur gefährden.
Ein aufgrund der Häufigkeit solcher Anwürfe verständlicher, aber auch gefährlicher Ansatz, weil er die Frage nach der Teilnahme von Frauen unheilvoll an das Dauergrübeln über den Zustand des deutschen Films koppelt. So gab es am Dienstag eine einigermaßen produktive Antwort nur in den Erläuterungen der Medienwissenschaftlerin Maya Götz, die das von vielen Zuschauern wahrgenommene, verzerrt übersexualisierte und passivisierte Frauenbild der Medien (einmal mehr) wissenschaftlich bestätigte.
Wachsenden Problembewusstsein
Statistisches Material lieferte in den letzten Tagen neben der Studie der EWA zur Situation von Regisseurinnen in Europa der zweite Diversitätsbericht des Bundesverband Regie: Auch für 2014 wird darin eine negative Tendenz ausgemacht, mit einem besonders beim ZDF desaströsen Frauenregieanteil von insgesamt 8,4 Prozent.
Dem gegenüber konnte die auf dem Podium vertretene derzeitige ARD-Vorsitzende Karola Wille mit 11,2 Prozent zwar nur knapp punkten. Doch ihre Anwesenheit, die hausintern eingeführte Mindest-Quote von 20 Prozent für Degeto-Produktionen sowie Verbesserungen in einigen Einzelsparten künden hier zumindest von einem wachsenden Problembewusstsein.
Deutsche Kinemathek, 18.2., 18 Uhr: „Ein anderer Blick – ein anderes Bild“. Über Frauen vor und hinter der Kamera sprechen Jutta Hoffmann, Jeanine Meerapfel und Helke Sander. Eintritt frei