Bergsteigerdrama "Everest": Runter kommen sie nimmer
Baltasar Kormákurs Drama „Everest“ mit Jake Gyllenhaal und Josh Brolin ist der erste Spielfilm über die Gipfelstürmertragödie von 1996. Warum lässt er den Zuschauer so himalayaeiskalt?
Auf einem ordentlich hohen Gipfel zu stehen und neben dem Kreuz ein Fähnlein in den Fels oder einen Rest verharschten Altschnees zu piken, ist ein erhebendes Gefühl. Auch als sich eine japanische Touristin, die schon allerlei halbwegs unerklimmbare Höhen bezwungen hat, in Baltasar Kormákurs „Everest“ auf der Spitze des mit 8848 Metern welthöchsten Bergs entsprechend verewigt, sei ihr für jenen Moment die Freude gegönnt. Andererseits: Lohnt es, sich für den arg flüchtigen Augenblick gleich in Lebensgefahr zu begeben?
Im ersten großen Kinospielfilm über eine zur Legende gewordene Gipfelbesteigung macht der isländische Regisseur nicht gerade Werbung für das gewisse Faszinosum seines Gegenstands. Nicht nur fanden bei jener Expedition zweier Gruppen, die nach der Eroberung der Bergspitze in einen Schneesturm gerieten, acht Teilnehmer den Tod im Eis. Schon lange zuvor schaut der Nicht-Alpinist mit einigem Befremden auf die versammelten Abenteurer, woran auch die äußerst skizzenhafte Zeichnung der agierenden Figuren ihren Anteil hat.
Jason Clarke spielt den neuseeländischen Bergführer Rob Hall, der seine Gruppe umsichtig von Lager zu Lager aufwärts geleitet. Jake Gyllenhaal ist, als sein riskant verspieltes Pendant, für die zweite Gruppe zuständig, und auf mittlerer Höhe schaut man vernünftigerweise nach Synergien. Denn die knapp drei Dutzend höchst unterschiedlich fitten Touristen, die je 65 000 Dollar für den Gipfelkitzel haben springen lassen, sind für Profis eine echte Herausforderung. Besonders ein gewisser Beck Weathers (Josh Brolin) fällt als nervtötend selbstbewusster Zeitgenosse auf.
Heute gibt es nur Geschäfte mit Amateuren
Die Geschichte? Erst geht es bergauf, und die mitunter per Funktelefon zugeschalteten Ehegattinnen (Robin Wright, Keira Knightley) in ihren blitzblanken Vorstadtküchen fiebern mit und feuern an. Dann ist man ein paar Sekunden oben, und als es bergab in noch immer sauerstoffarmen Höhen ans Sterben geht, kullern drunten im Tal die Tränen.
Woran liegt es, dass einen das alles letztlich so himalayaeiskalt lässt? Ist es jener „Selber schuld“-Reflex, den diese wohl sonderbarste Ausformung des kostspieligen Extremtourismus auslöst? Ist es das Wissen darum, dass bis heute bloß Geschäfte gemacht werden mit Amateuren, die zudem die entlegenste Region der Erde mit ihrer – sprich: unserer – sogenannten Zivilisation vermüllen?
Wohl an allem zusammen. Und, siehe da, einmal mehr an 3-D. Wo die dritte Dimension extra hineinlocken will ins Geschehen, verkleinert und verdunkelt die Brille, ohnehin ein analog unüberwindliches Hindernis, spürbar das Bild. So wird es doppelt Nacht überm Everest – und über Island und den Dolomiten, die den Himalaya doubeln.
Immerhin, eine weitere Lebensgewissheit ist nun auch dahin. Runter kommen sie alle? Das war einmal.
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