Europäischer Filmpreis: Riesenfreude über fünf Preise für "Toni Erdmann"
Der Triumph für "Toni Erdmann" könnte größer nicht sein: Die Tragikomödie der Berliner Filmemacherin gewann in allen fünf Kategorien, für die er nominiert war.
Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat inzwischen gratuliert. Dass mit "Toni Erdmann" zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder ein deutscher Beitrag den Europäischen Filmpreis erhält, "ist nicht nur ein großartiger Erfolg für Regisseurin Maren Ade und ihr Team, sondern auch eine verdiente Anerkennung für den deutschen Film“, so die CDU-Politikerin. Grütters hob besonders die Leistung von Filmemacherin Maren Ade hervor, die sowohl den Regie- als auch den Drehbuchpreis gewann und damit ihre „außerordentliche Meisterschaft“ in diesen Disziplinen bewiesen habe. Es ist das erste Mal überhaupt in der Geschichte der 1988 erstmals vergebenen europäischen "Oscars", dass eine Frau den Preis erhält.
Das Vater-Tochter-Drama „Toni Erdmann“ hat am Samstagabend bei der Filmpreis-Gala in Breslau neben dem Hauptpreis vier weitere Auszeichnungen erhalten. Hauptdarstellerin Sandra Hüller wurde für ihre Rolle der Unternehmensberaterin Ines zur besten europäischen Schauspielerin gekürt. Der Österreicher Peter Simonischek, der im Film ihren Alt-68er-Vater spielt, gewann die Trophäe als bester Schauspieler. Da Ade auch als Regisseurin und als Drehbuchautorin geehrt wurde, gewann "Toni Erdmann" somit in allen fünf Kategorien, für die der Film nominiert war.
„Ich hoffe, es wird nicht langweilig mit uns ...“, meinte die 39-Filmemacherin bei der Preisverleihung lachend. Ihr von ihrer Berliner Firma Komplizen Film gemeinsam mit Janine Jackowski und Jonas Dornbach realisierte Produktion war bereits bei den Filmfestspielen in Cannes der große Favorit, ging dann aber überraschend leer aus. Der Italiener Gianfranco Rosi für sein Lampedusa-Flüchtlingsinselporträt „Fuocoammare/Seefeuer“ wurde in der Kategorie Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Rosis erschütternder Film über Bootsflüchtlinge im Mittelmeer und die normalen Bewohner der Fischerinsel hatte im Februar bereits den Goldenen Bären der Berlinale gewonnen.
Bei den Komödien trug die schwedische Produktion „Ein Mann namens Ove“ den Sieg davon, in dem Film von Hannes Holm spielt Rolf Lassgard einen lebensmüden Witwer, der durch die Bekanntschaft mit neuen Nachbarn wieder zurück ins Leben findet, die ebenfalls nominierte Hitler-Farce "Er ist wieder da" von David Wnendt ging leer aus. Als bester Nachwuchsfilm wurde das finnisch-schwedische Werk "The Happiest Day in the Life of Olli Mäki" von Juho Kuosmanen ausgezeichnet, eine deutsche Koproduktion. „Mein Leben als Zucchini“ des Schweizers Claude Barras wurde zum besten europäischen Animationsfilm gekürt, eine Tragikomödie über einen Waisenjungen.
Ehrenpreise für Pierce Brosnan und Jean-Claude Carrière
Einige Preisträger standen bereits fest: Ex-James-Bond-Darsteller Pierce Brosnan wurde für seinen Beitrag zum Weltkino geehrt. Der 63-jährige Brosnan („Mamma Mia!“, „Survivor“) nahm die Auszeichnung sehr gerührt entgegen und meinte: „Diese Bestätigung für meine Arbeit könnte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen.“ Und der französische Drehbuchautor Jean-Claude Carrière („Cyrano von Bergerac“, „Dieses obskure Objekt der Begierde“) erhielt den Preis für sein Lebenswerk und wurde mit Standing Ovations geehrt. Die Laudatio auf den 85-Jährigen hielt Volker Schlöndorff, der mit Carrière bei seinem oscar-prämierten Film „Die Blechtrommel“ zusammen gearbeitet hatte.
Deutschland gewann den Europäischen Filmpreis zuletzt im Jahr 2006. Damals holte Florian Henckel von Donnersmarck mit dem Stasi-Drama „Das Leben der Anderen“ die Auszeichnung für den besten Spielfilm.
Die Preisstatue in Gestalt einer Frau in einem mit Europa-Sternen besetzten Kleid gilt als europäisches Pendant zum amerikanischen Oscar, über die Sieger entscheiden die über 3000 Mitglieder der European Film Academy. Mehr als 1200 Gäste aus der Filmbranche waren zur Gala nach Breslau gekommen. (Tsp/dpa)