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Paolo Sorrentino wurde in Berlin für seinen Film „La grande bellezza“ gleich mehrfach ausgezeichnet.
© dpa

"La grande bellezza" räumt beim Europäischen Filmpreis ab: Regisseur Paolo Sorrentino: "Mein Film ist mutig!"

Bester Spielfilm, bester Schnitt, beste Regie - Paolo Sorrentinos Werk „La grande bellezza“ wurde am Samstagabend in Berlin bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises gleich mehrfach ausgezeichnet. Wir trafen Sorrentino in Marrakesch im „Dar Soukkar“, dem historischen Zuckerhaus vor den Toren der Stadt.

In seinen „Grundzügen der Philosophie“ hat Thomas Hobbes zutreffend festgestellt, dass ein Körper nicht „zugleich an zwei Orten sein kann“. Für Paolo Sorrentino allerdings hätte sich die Überwindung dieses physikalischen Prinzips am Sonnabend sehr empfohlen: Als Mitglied der prominent besetzten Jury unter Martin Scorsese wohnte er beim Filmfestival von Marrakesch der Preisverleihung bei, und währenddessen wurde er im fernen Berlin bei der Gala zum Europäischen Filmpreis triumphal gefeiert: „La grande bellezza“, seine Wiedererfindung von Fellinis „La dolce vita“ rund um einen melancholischen alternden Partyhelden im heutigen Rom, gewann den Hauptpreis, er selbst zusätzlich den Regiepreis und sein Hauptdarsteller Toni Servillo wurde zum besten europäischen Schauspieler gekürt. Außerdem gab es den Preis für den besten Schnitt. Wir trafen Paolo Sorrentino in Marrakesch bei der Festival-Abschlussparty im „Dar Soukkar“, dem historischen Zuckerhaus vor den Toren der Stadt.

Glückwunsch, Signore Sorrentino! Vorhin bei der Preisverleihung allerdings sahen Sie als Jury-Mitglied auf der Bühne recht unruhig  aus. Ahnten Sie da schon, dass in Berlin für Sie gerade etwas sehr Wichtiges passiert?
Das ist wahr, ich war sehr nervös. Ich wartete auf Nachrichten aus Berlin. Ich war auf nichts vorbereitet, ich wusste von nichts. Die Veranstalter des Europäischen Filmpreises haben prima dichtgehalten.

Es ist zweifellos fein hier in Marrakesch. Aber fühlen Sie sich im Augenblick nicht eher wie ein Alien, weil Sie eigentlich in Berlin sein sollten?
Klar bin ich traurig, dass ich jetzt nicht in Berlin mit meinen Freunden bin. Andererseits war es auch großartig, hier in Marrakesch von Martin Scorsese und den Jurykollegen beglückwünscht zu werden. Das ist alles ja noch ganz unglaublich für mich.

Wie genau haben Sie von Ihrem Erfolg erfahren?
Es war beim Jury-Dinner. Meine Frau rief mich an. Sie rief an beim Preis für den besten Schauspieler, beim Regiepreis, und dann, Martin Scorsese traf gerade ein, sagte sie, du hast übrigens auch den Preis für den besten Film gewonnen. Das war perfekt.

Und, sind Sie vor Freude gleich auf den Tisch gesprungen?
Nein, ich sagte es allen einfach, es gab Applaus und Umarmungen, alles war sehr fröhlich.

Haben Sie mit diesem großen Gewinn für „La grande bellezza“ vielleicht doch gerechnet?
Überhaupt nicht. Ich dachte, Abdellatif Kechiche räumt mit „Blau ist eine warme Farbe“ alles ab. Auch sonst war die Konkurrenz der Nominierten stark.

Was bedeutet dieser Preisregen für das italienische Kino?
Ich glaube, er tut ihm gut, ob man speziell meinen Film nun mag oder nicht. Italienische Produzenten und Regisseure können die Anerkennung auch als einen Hinweis verstehen, mutig zu sein. Mein Film ist mutig. Wenn man in seiner Filmsprache etwas wagt,  kann man zwar scheitern, aber die Befriedigung über das Ergebnis kann einem niemand nehmen.

Wenn wir uns hier umschauen: Die Party-Atmosphäre ist gerade so wie in manchen Szenen Ihres preisgekrönten Films.
Ja, ich finde hier reichlich Anregungen für „La grande bellezza 2“, ich plane das schon (lacht). Denken Sie nur an die prächtig geschmückten Pferde und Reiter am Eingang!

Schauen Sie selber im allgemeinen genauso distanziert auf die Party-People wie Ihr von Toni Servillo verkörperter Held?
Ich bin ein bisschen wie er, ja, sein Standpunkt ist genau mein eigener. Ein bisschen drinnen und ein bisschen draußen.

Mehr drinnen oder mehr draußen?
Sagen wir: Fifty fifty, jeden Tag.

Heute endet das Filmfestival von Marrakesch. Was werden Sie nach Ihrer Rückkehr in Italien als erstes tun?
Ich fliege morgen, und ich lade meine Freunde, die bei diesem Film dabei waren, nach Hause ein. Wenn wir Glück haben, kommen wir schon morgen abend alle zusammen und feiern.

Das Interview führte Jan Schulz-Ojala.

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