zum Hauptinhalt
Moderner Klassiker. Künstler wie Chris Ware - hier ein Auszug aus seinem Werk „Rusty Brown“ - werden in dem Buch knapp aber kenntnisreich vorgestellt.
© Illustration: Ware

Comicgeschichte: Raus aus der Wagenburg

In seinem Buch „Die großen Künstler des Comics“ führt Klaus Schikowski kenntnisreich und unterhaltsam durch die Geschichte des Genres.

Klaus Schikowski, Autor des erfreulichen Titels „Die großen Künstler des Comics“ ist in comicaffinen Kreisen kein Unbekannter. Er hat sich durch zahlreiche Veröffentlichungen und Diskussionsanstöße um die noch immer als eher schlicht beleumundete Kunstform sehr verdient gemacht. Auch in seiner Tätigkeit als redaktionelles Mitglied des Szenenmagazins „Comixene“ legt er immer wieder aktuelle Entwicklungen kritisch, ausführlich und vor allem lesbar dar. Und er hat gelegentlich als Autor auch die Comicseiten des Tagesspiegels bereichert - seine Texte stehen unter diesem Link.

In seinem aktuellen Buch gelingt Schikowski - wie wenigen anderen - der Spagat zwischen enthusiastischer Fanboyschreibe und hohem, publizistischem Anspruch. Diese Expertise kommt auch im vorliegenden Band zum Tragen, in dem gattungschronologisch in sechs Kapiteln 35 der wichtigsten Comiczeichner vorgestellt werden.

Natürlich leidet anhand der Auswahl und der angestrebten breiteren Adressatengruppe hier und dort ein wenig die Wertungsfreiheit, aber dies wirkt sich nur positiv auf das Textkonvolut aus, es erscheint schlüssig und fokussiert, auch wenn die Darstellung für bereits comicgeschichtlich Belesene etwas blass erscheint.

Aber Schikowskis Absicht liegt ja gerade in der Eröffnung einer breiteren Diskussion um diese Kunstform, welche ihre Wagenburg auch mal hinter sich lässt. Der ein oder andere Comicfundamentalist wird sicherlich monieren, dass der Autor zu sehr verschlankt, aber dieser Tonart möchte ich mich nicht anschließen.

Natürlich kann auf den knapp fünf Seiten, die Schikowski jedem vorgestellte Autor gewährt, nicht jede kleinteilige Frage beantwortet oder detailreicher Zierrat abgedruckt werden, aber an diesen Beschränkungen gemessen zeichnet sich der Band durch seine hohe Informationsdichte aus. Für Einsteiger mehr als nur zu empfehlen, aber auch für Leser, die sich vertieft mit dem Themenkomplex des Comics auseinandersetzen wollen, ist das Buch sehr gut geeignet.

Schikowski versucht, die Zeichner, welche stilbildend waren oder noch sind innerhalb des entstehungsgeschichtlichen Prozesses der Gattung zu positionieren. Dies gelingt ihm sehr gut, sein anekdotisches Gespür führt auch das eine oder andere Schmunzeln herbei, und die Auswahl der Illustrationen steht außerhalb jeder Kritik.

Ein Buch, welches sich für Einsteiger als Goldgrube und für interessierte Laien als spannender Parforceritt durch die fast 200 Jahre alte Geschichte der Gattung entpuppen wird. Allen eher spezialisierten Forschenden seien eher die Anthologien von Text + Kritik: Comics, Mangas, Graphic Novels [Sonderband / et+k] (in welcher Klaus Schikowski ebenfalls vertreten ist) oder Ditschke, Kroucheva, Stein (Hg.): Comic - Zur Geschichte und Theorie eines populärkulturellen Mediums [transcript] empfohlen, welche weniger allgemein aufgebaut sind.

Was zu sagen bleibt ist, dass auf 256 Seiten der Gattung nach der Weihe durch den längst überfälligen Eintrag im Metzler'sche Literaturlexikon durch diese, eine breite Leserschaft ansprechende Arbeit erneut Gutes getan wird. Die maßgeblichen Autoren und Zeichner aufbereitet in einer gut lesbaren und fundierten Analyse und Darstellung, was will man mehr?

Klaus Schikowski: Die großen Künstler des Comic, Edel-Verlag, 256 Seiten (Hardcover) mit 130 Illustrationen, 29,95 Euro.

Mehr von unserem Autor Markus Dewes finden Sie auf seinem Blog derdigitaleflaneur.blogspot.com, mehr seiner Beiträge für den Tagesspiegel gibt es unter diesem Link.

Markus Dewes

Zur Startseite