zum Hauptinhalt
Frühlingshaft: Daniel Barenboim.
© dpa

Barenboim dirigiert Mozart: Rätsel eines Frühlings

Zum Auftakt der Festtage hat sich Daniel Barenboim viel aufgebürdet. Vor seiner "Tannhäuser"-Premiere dirigiert er Mozart mit den Wiener Philharmonikern.

Die Podiumsplätze sind lange vor Konzertbeginn besetzt. Es steht der Auftakt der Festtage an, mit denen die Berliner Staatsoper ihre internationale Fan-Gemeinde lockt. Die Philharmonie wird an diesem Abend zum Haus für Mozart. Da der Salzburger Meister keine Sinfonie der Tausend komponiert hat, findet sich mehr Platz als je für zusätzliche Sitzreihen direkt hinter dem Orchester. Proppevoll!

Daniel Barenboim bürdet sich viel auf, indem er am Tag vor der „Tannhäuser“-Premiere die drei späten Sinfonien Mozarts dirigiert. Aber zu Gast sind die Wiener Philharmoniker, und es darf gefeiert werden, dass Barenboim sie vor 25 Jahren zum ersten Mal dirigiert hat. Das „Weltspitzenorchester“ also und die Sinfonien des Sommers 1788: Jedermann erwartet sich ein österreichisches Fest.

Das wird es nur bedingt, aber von der Atmosphäre her durchaus. Während des Schlussjubels verteilt Barenboim Blumen aus seinem Festtagebukett an den Konzertmeister und an die Frauen, die als bescheidene Minorität seit Kurzem in dem Traditionsorchester mitwirken dürfen.

Die Es-Dur-Sinfonie hat der Historiker Hermann Abert Mozarts romantische nennen wollen. Und so fasst auch Barenboim sie auf mit dem Pathos und den Dissonanzen der Einleitung. Aber er hat das Orchester noch nicht richtig im Griff, der Geigenklang, der für Wien schlechthin steht, wird von den Holzbläsern matt beantwortet. Bei aller Sanglichkeit der italienischen Musik, die in diese Sinfonien geflossen ist, wird die Rolle des Kontrapunkts zu wenig betont. Das g-Moll-Werk (mit Klarinetten) ist mehr Stimmungsbild als geprägtes Seufzermotiv in Richtung Unruhe. Besonders schön aber Streicher und Horn im Andante – alles jenseits historischer Aufführungspraxis.

Es gehört zum Wesen der Wiener Philharmoniker, dass die Bläsersolisten sich (im Vergleich mit den Berlinern) weniger exponieren. Diese unprätentiösen Musiker fügen sich eher integrierend in den Klang. So auch in der Jupiter-Sinfonie. Bei größerer Streicherbesetzung gerät der wichtige Dialog mit den Bläsern ungleich. Die Musik mit ihrer großen Herrlichkeit stammt aus dem rätselvollen Sommer der Mozartschen Bettelbriefe: „mir wenigstens bis morgen ein paar hundert gulden ...“ Hier gelten andere Inhalte als die des Alltags. Und das vermittelt die Interpretation, wenn im glänzenden Finale der Drang der rollenden Achtel triumphiert.

Zur Startseite