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Strenger Strich. Eine Seite aus „George Orwell - Die Comic-Biografie“.
© Knesebeck

George Orwells Biografie als Comic: Prophet und Hühnerzüchter

Pierre Christin und Sébastien Verdier erzählen George Orwells Leben als Comic - solide, routiniert, aber wenig originell.

Ist der Mann, der das prophetische Buch schlechthin, eine der eindringlichsten Dystopien des 20. Jahrhunderts, geschrieben hat, nicht per se ein Held? Es ist wohl unbestreitbar, dass George Orwell und seine Texte auf viele Generationen von Lesern eine besondere Faszination auswirken.

Auch der französische Autor und Szenarist Pierre Christin, der gemeinsam mit Sébastien Verdier eine Comicbiografie George Orwells vorgelegt hat (Knesebeck, 152 S., 25 €), bezeichnet den britischen Autor als ein Vorbild für die eigene Arbeit.

Dabei hätte Orwell selbst sich vermutlich nicht als Held gesehen. „Ich kann nicht sagen, dass ich seit dem Ende des Spanienkrieges irgendwas getan habe außer Bücher zu schreiben, Hühner zu halten und Gemüse anzubauen“, notiert er einige Jahre vor seinem Tod in seinem Tagebuch. Aus diesen Tagebüchern, die Christin neben einer umfangreichen Biografie als Hauptquelle dienten, wird im Comic regelmäßig zitiert. Darüber hinaus werden zentrale Episoden aus dem Leben des Schriftstellers abgearbeitet.

Anti-Konformist, Imperialismus-Kritiker, Politikverdrossener

Seine Studienzeit in Eton, der Polizeidienst in Burma, seine Arbeit als Enthüllungs-Journalist in London, die Zeit im Spanischen Bürgerkrieg und schließlich der Durchbruch als Schriftsteller mit „Farm der Tiere“. Die Passagen aus Orwells Tagebüchern werden angereichert durch imaginierte Szenen, die die Hintergründe für seine politischen Ansichten deutlich machen sollen. So zeigt der Comic den Schriftsteller als Anti-Konformisten, Imperialismus-Kritiker und schließlich auch als so etwas wie einen Politikverdrossenen.

Das Cover des besprochenen Bandes.
Das Cover des besprochenen Bandes.
© Knesebeck

All das visualisiert Sébastien Verdier in schwarzweißen, beeindruckend detailreichen Panels, die hin und wieder durch Farbe aufgelockert werden. Diese Farbakzente sind jedoch ähnlich willkürlich platziert wie die historischen Fotos, die an einigen Stellen in den Comic einmontiert wurden und schaffen es daher auch nicht, den routinierten Erzählfluss aufzubrechen.

Dabei war Orwells Leben alles andere als bruchlos. Doch da sind auch noch die sechs Doppelseiten, auf denen Gastkünstler die wichtigsten Werke des Schriftstellers visualisiert haben. Diese stilistisch abwechslungsreichen Einschübe eröffnen weitere Perspektiven auf Orwell und sein Werk, von denen man sich in der ansonsten solide aber auch etwas langweilig erzählten Biografie mehr gewünscht hätte.

[Für Tagesspiegel-Autor Christian Endres gehört die hier besprochene Biografie George Orwells zu den besten Comics des Jahres - seine Begründung lesen Sie hier.]

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