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© Getty

65. Geburtstag: Ray Davies: Die Geschichten der Common People

Pulp, Blur, Kaiser Chiefs, Kooks, Franz Ferdinand: Sie alle sind von Ray Davies beeinflusst. Heute wird der Gründer der Kinks 65 Jahre alt.

Als vor fünf Jahren zum ersten Mal dieser Song im Radio gespielt wurde, dachte man: hey, das klingt ja wie Ray Davies! Ob das ein neuer Song von Ray Davies ist? Die Melodie, der leicht näselige Gesang und die paar Textfetzen, die man auf die Schnelle so mitbekam: "I'm on BBC2 now, telling Terry Wogan how I made it" – britischer Alltag, Fernsehen, mit was sich die Leute so beschäftigen: "Find me and follow me through corridors, refectories and files ... leave this academic factory ..." – klang nach Ray Davies, aber nein, das war nicht Ray Davies, das waren neue, jüngere Musiker aus Glasgow. Franz Ferdinand sind nicht die einzigen, die sich in die Fußstapfen von Ray Davies begeben haben. Pulp, Blur, Kaiser Chiefs, Kooks und unzählige andere sind angestochen worden von Ray Davies und vom unverwechselbaren Sound der Kinks, die Ray Davies mit seinem Bruder Dave Anfang der 60er-Jahre im Wohnzimmer seiner Eltern im Londoner Stadtteil Muswell Hill gegründet hatte.

Aber "Godfather Of Britpop?" Damit will Ray Davies nichts zu tun haben. Wenn sich auch nicht leugnen lässt, dass Davies' typisch britische Art, Songs zu schreiben, seine Beobachtungsgabe, seine Vorliebe für die Geschichten der "einfachen Leute", sein Humor und seine Ironie von unzähligen jungen Britpop-Bands nachgeahmt werden. Die Worte, der Gesangsstil, die melodischen Schlenker, vieles ist abgeguckt bei Ray Davies. Wobei dahingestellt sei, ob einer der neueren Songs jüngerer Ray-Davies-Beeinflusster die nächsten 40 Jahre überdauern wird, wie es "You Really Got Me", "Stop Your Sobbing", "Waterloo Sunset", "David Watts", "Celluloid Heroes" und unzählige andere längst geschafft haben.

Weit über 30 Jahre war Ray Davies der charmante Frontmann einer der besten Bands Großbritanniens: The Kinks waren in den musikalischen Gründerzeiten der Sixties die unbestrittene "Nummer Drei" - nach den Beatles und den Rolling Stones. Eine Auszeichnung, die Davies damals als zweifelhafte Ehre erschien: ewig nur die Nummer Drei zu sein! Das hat ihn ziemlich gewurmt. Obwohl Nummer Drei doch wirklich nicht schlecht war. Denn immerhin gab es ja auch noch eine ganze Menge anderer illustrer Zeitgenossen: Who, Animals, Them, Pretty Things, Small Faces, Yardbirds und und und.

Nachdem die exzellente Live-Band The Kinks im September 1995 anlässlich ihrer Aufnahme in die "Rock 'n' Roll Hall Of Fame" ihr letztes Konzert in den USA gegeben hatte, wurde Ray Davies zum "Storyteller": bei seinen späteren Auftritten spielte er Akustikgitarre, und sang - begleitet vom Gitarristen Pete Mathison - eine Auswahl seiner besten Kinks-Songs. Und las dazwischen Auszüge aus "X-Ray", seinem 1994 erschienenen, autobiografischen Roman.

Mit den Solo-Alben "Other People's Lives" (2006) und "Working Man's Café (2007) zeigte Davies erneut seine herausragende Begabung als Songschreiber: Charakterstudien und Skizzen aus dem Alltag der englischen Middle Class, Working Class. Durchzogen von all den wehmütigen Gedanken, wie die Zeit dahinrast, wie es ist, älter zu werden. Zurückzublicken auf frühere Fehler, verflossene Liebschaften und schöne Zeiten. Und wie sie sich ändern, die Zeiten: wie im Zeichen von Globalisierung und Amerikanisierung das alte englische Arbeiterklassenethos verschwindet. Sentimentale Erinnerungen an all die Plätze, die man früher aufgesucht hatte. Wo statt des Tanzpalastes heute ein Supermarkt steht.

Ray Davies mit seiner tröstlichen Musik ist wie ein treuer Freund, der einen ein Leben begleitet hat und einen auch im Alter nicht im Stich lässt. Heute ist Raymond Douglas Davies 65 Jahre alt geworden.

H.P. Daniels

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