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Q-Tip
© Universal

Hip-Hop: Q-Tip: Analog ist besser

"The Renaissance", das zweite Soloalbum des großen US-Rappers Q-Tip, kam am Tag raus, als Obama Präsident wurde. Es hält die Balance zwischen kopfnickendem Mitwippertum und Tanzbarkeit.

Diese Art von Performance gehört zum Geschäft, sie hat jedoch im Fall des Rappers und Hip-Hop-Produzenten mit dem Künstlernamen Q-Tip ihre eigene Bewandtnis. In der inzwischen obligaten Uniform der Hip-Hop-Grandseigneure, im dreiteiligen Anzug und mit Krawatte posiert Q-Tip auf dem Cover seines neuen, offiziell zweiten Soloalbums „The Renaissance“, alberne Spielereien und Versteckspiele mit Keyboard und einem altertümlichen Mischpult inklusive.

Dieses Outfit hat aber bei Q-Tip etwas von einem Schutzpanzer, will er damit doch anzeigen: Diese Rückkehr, diese Wiedergeburt ist ultimativ. „The Renaissance“ wird nicht in den Giftschränken irgendeiner Plattenfirma verschwinden. Und das Album muss einfach dem ihm gebührenden Platz zwischen den Werken von anderen großen Kollegen wie Jay-Z, Nas oder Kanye West finden.

Zweimal nämlich hat der ehemalige Mastermind der legendären Intellektuellen- und Alternative-Hip-Hop-Band A Tribe Called Quest ein Soloalbum eingespielt, das aus unterschiedlichsten Gründen nicht veröffentlicht wurde: wechselnde A&Rs, Neuorganisationen innerhalb der Plattenfirmen, Desinteresse, aber auch Vorbehalte, diese Alben seien zu schlau, zu abstrakt, zu antikommerziell – all das verhinderte, dass 2001 „Kamaal The Abstract“ und 2004 dessen Nachfolger „Open“ erschienen.

„The Renaissance“ aber ist tatsächlich veröffentlicht worden, genau an dem Tag, als Barack Obama amerikanischer Präsident wurde: eine Veröffentlichung mit gezielt doppeldeutigem Symbolwert, den zu schaffen selbstverständlich zu den beliebtesten wie leichtesten Übungen der amerikanischen Hip-Hop-Fraktion gehört. Aber bei aller Symbolik und Koketterie ist das Schönste an Q-Tips Album, dass es sich unverkrampft und ohne falsche Blößen an den herrschenden Sounds und Gepflogenheiten des Genres misst. Und dabei trotzdem bruchlos traditionell ist, verweist es doch auch an die großen Zeiten von Q-Tip, als dieser mit A Tribe Called Quest das Gegenmodell zu den oft überproduzierten Gangster- und Goldkettchen-Hip-Hop-Alben etwa eines Dr.Dre oder Notorious B.I.G. vom Band fuhr. Mit Bands wie De La Soul und den Jungle Brothers wurden A Tribe Called Quest zu den sogenannten native tongues gezählt: schlauen, korrekten, manchmal arg hippiesken, manchmal sehr nerdig an ihren Sounds werkelnden Rappern, die sich darüberhinaus im höchsten intellektuellen Maß ihrer afroamerikanischen Herkunft bewusst waren.

Diese Bruchlosigkeit begründet sich zum einen in Q-Tips unnachahmlichen, leicht nasalen, enorm flüssigen Reimen, die ohne Kraftmeiereien und Sexismen auskommen, aber auch nicht aufdringlich politisch, gar übertrieben sendungsbewusst sind: Mitte der neunziger Jahre konvertierte Q-Tip zum Islam. Aus Jonathan Davis wurde Kamaal Ibn John Faheed, was er jetzt lediglich im Eröffnungsstück „Johnny is dead“ andeutet. Einmal mehr beeindruckt zum anderen die schlanke, auf den Punkt gebrachte, mitunter fluffig und easy wirkende Produktion dieses Albums. Von „Johnny is dead“ bis zum Schlussstück „Shaka“ hat es fast keinen Ausfall. Es steckt voller Jazz- und Soulverweise von Ron Carter bis Curtis Mayfield und vermag mit schlenkernden, funkigen, aber nie ausladenden Beats die richtige Balance zu halten zwischen kopfnickendem Mitwippertum und Tanzbarkeit.

Hatte man bei Quest-Alben wie „The Low End Theory“ und dem 98er-Vermächtnis „The Love Movement“ bisweilen den Eindruck, diese seien eine Spur zu runtergeköchelt, zu abstrakt, so schafft Q-Tip mit „The Renaissance“ einen schönen Anschluss an die Gegenwart. Das liegt nicht zuletzt daran, dass er vor den genretypischen Kollaborationen nicht zurückschreckt. In dem Anti-Irakkriegs- und Liebesstück „We fight we love“ darf der Soulcrooner Raphael Saadiq mit ran, in „Believe“ übt sich der Prince-Epigone und Schmachthaken D’Angelo in einer Seidenlakennummer, die mit scheppernden Beats konterkariert wird (das vielleicht schwächste Stück des Albums), und in „Life is better“ eröffnet Q-Tip der Mainstream-Diva Norah Jones die Möglichkeit, auch einmal cool und mit den richtigen Leuten unten zu sein: All seine Lieblinge und Vorbilder bekommen hier von ihm und Jones einen lieben Gruß, von den Glaubensbrüdern Brand Nubian bis zu dem Q-Tip nicht unbedingt wesensverwandten Snoop Dogg.

Früher hätte man zu so einem Album gesagt: real, gute, alte Schule, wider den Ausverkauf. Heute muss man sagen: absolut befriedigend, Hip-Hop auf der Höhe der Zeit, Pop. Mit dem Q-Tip sich zudem die Möglichkeit verschafft haben dürfte, eines Tages seine zwei verlorenen Alben doch noch zu veröffentlichen.

Q-Tip „The Renaissance“ ist bei Motown/Universal erschienen.

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