Konzertkritik: Peter Fox: Dickes Ding
Peter Fox stürmt die Wuhlheide – mit Verspätung. Am Ende tanzen alle. Und am typisch Berlinerischen Genörgel danach hätte der Sänger selbst wohl die meiste Freude gehabt.
Herrlich, dieses Gemaule in der S-Bahn. Das Konzert von Peter Fox in der Wuhlheide liegt eine Stunde zurück, da beginnt in den stinkenden Waggons kurz vor Mitternacht die Analyse: So irre war’s nicht! – Viel zu spät hat er angefangen! – Und viel zu kurz gespielt! – Bier war zu teuer und die Damenklos überfüllt! – Und warum setzt die S-Bahn für 17.000 Leute einen lächerlichen Kurzzug ein?
Peter Fox, „Stadtaffe“, 37 Jahre alt und derzeit wohl populärster Musiker der Stadt, hätte seine Freude gehabt an der typischen Nörgelei all der knorrigen Berliner, die seinetwegen in die kalten Köpenicker Wälder gepilgert waren. Seit Monaten war die Show am Freitagabend ausverkauft, genauso wie das zweite Konzert am gestrigen Sonnabend, entsprechend hoch die Erwartung.
Die ersten 17.000 Fans schimpfen mächtig früh los. Pfiffe! Buhrufe gar! Weil sich Peter Fox doch glatt erdreistet, erst um 21.31 Uhr auf die Bühne zu kommen. Das Konzert soll aufgezeichnet werden, deshalb tragen sogar die Kameramänner Affenkostüme, aber draußen ist es zu hell, deshalb tänzelt Peter Fox – mit Sonnenbrille und in Sneakers – erst mit der Dämmerung in die Wuhlheide. Pünktlich zwar, doch das hat dem frierenden Publikum vorher niemand gesagt. Hinter ihm ein riesiges, fieses Affengesicht auf der Leinwand, blau erleuchtet, neben ihm knapp 20 Musiker, Trommler und Bläser, dazu vier Sänger und ein langsames, aber energisch-mystisches Intro: „Egal, wo du wohnst, wir kommen, um dich zu holen, die Affen steigen auf den Thron, Berlin – gib uns ein Oh.“
Der Sound stimmt, besser als bei Depeche Mode diese Woche im Olympiastadion, wo ja auch gut 60.000 Fans waren, so viele wie bei den vier Konzerten von Peter Fox in diesem Sommer. Wummernd die Beats, imposant die Bläser, toll die Atmosphäre mit dem Berliner Himmel, der langsam von Blau zu Schwarz wechselte. Peter Fox, der Junge vom französischen Gymnasium in Tiergarten, hat erst eine Solo-Platte veröffentlicht und hätte somit auch gar nicht viel früher spielen können, sonst wäre das Konzert ja schon in der Helligkeit beendet gewesen. Songs wie „Haus am See“ (Fox: „Ich baue mir vielleicht mal ein Haus am Müggelsee“) oder „Alles Neu“ kommen vielleicht nicht so gut in der dicken Winterjacke, aber nun mal besser im Scheinwerferlicht.
Mit kurzen, trockenen Ansagen führt Fox gezielt durch seine Show und bringt schließlich mit den Klassikern seiner Band Seeed auch die Letzten zum Tanzen. „Aufstehn“ spielt er, auch „Schwing dein’ Teil“ und, so viel Routine muss dann wohl sein, „Dickes B“.
André Görke