Nachruf: Miriam Makeba: Singen heißt kämpfen
Mit "Pata Pata" wurde sie weltbekannt. Doch Miriam Makeba hielt das Lied für unbedeutend. Nachruf auf eine Künstlerin, die nicht von der Politik, sondern von der Wahrheit singen wollte.
„Mama Afrika“ wurde sie genannt. Der Ehrentitel galt einer Frau, die jahrzehntelang vehement gegen den Rassismus und jede Form der Ungerechtigkeit auf ihrem Kontinent kämpfte. Dabei lag Miriam Makeba, die am Sonntag im Alter von 76 Jahren gestorben ist, ursprünglich nichts ferner, als Aktivistin sein zu wollen. Es waren die Umstände, die sie dazu machten. „Ich singe nicht über Politik“, mit dieser Ansage begann sie in den sechziger und siebziger Jahren, der Zeit ihrer größten Erfolge, oft ihre Konzerte. „Ich singe von der Wahrheit.“ Und in den donnernden Applaus des Publikums hinein stimmte sie dann ihren Hit „I Shall Sing“ an, ein überschäumend fröhliches Durchhaltelied mit zwitschernden Highlife-Gitarren und „La, La, La“–Chören: „I shall sing, sing my song / Be it right, be it wrong / In the night, in the day / Anyhow, anyway.“
Weiter machen, weiter singen, sich nicht unterkriegen lassen. Diesen Subtext bekam der von Van Morrison geschriebene Song durch die Biografie seiner Interpretin. Denn 1960 hatte das weiße Apartheids-Regime ihrer südafrikanischen Heimat versucht, Makeba mundtot zu machen. Weil sie in dem Anti-Rassentrennungsfilm „Come Back Africa“ aufgetreten war, entzogen ihr die Behörden nach einer Europa-Tournee den Reisepass.
Nicht einmal zur Beerdigung ihrer Mutter durfte sie einreisen. Doch im Exil stieg die ausgebürgerte Sängerin nicht nur zum ersten afrikanischen Weltstar, sondern auch zur inoffiziellen Botschafterin ihres Landes auf. Sie bekam, vermittelt von Harry Belafonte, einen Plattenvertrag in den USA und prangerte vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen die Menschenrechtsverletzungen der südafrikanischen Regierung an. Ab 1976, dem Jahr des Soweto-Aufstands, durften ihre Lieder deshalb nicht mehr im südafrikanischen Radio gespielt werden.
Den Begriff Weltmusik mochte sich nie
Ihren größten Erfolg feierte Makeba ausgerechnet mit „Pata Pata“, einer Gute-Laune-Hymne in der Sprache der Xhosa, die sie selber für ihre „unbedeutendste Komposition“ hielt. Der Vater der 1932 in Johannesburg geborenen Sängerin, ein Lehrer, war ein Xhosa, ihre Mutter gehörte zum Volk der Swazi. Bekannt wurde Makeba in Südafrika schon in den fünfziger Jahren, als sie mit den Manhattan Brothers, einer Gesangsformation nach dem Vorbild der amerikanischen Ink Spots, durch das Land tourte.
Vom Begriff „Weltmusik“ hat sie nie viel gehalten, obwohl sie doch zu den größten Stars dieses Genres gezählt wurde. Zu ihrem Repertoire gehörten die Pophits der Beatles genauso wie der Bossa Nova eines Jorge Ben oder die Work Songs ihrer Heimat. Afrikanische Musik werde noch immer nicht ernst genommen, schimpfte sie. „Ich dagegen glaube, dass es ohne Afrika überhaupt keinen Rhythmus gäbe.“ Einer ihrer größten Triumphe war ein Auftritt im New Yorker Madison Square Garden, wo sie 1962 ein Geburtstagsständchen für John F. Kennedy sang. Doch als sie 1968 den vom FBI gesuchten Black Panther-Aktivisten Stokely Carmichael heiratete, fiel sie auch in den USA in Ungnade. Makeba floh nach Guinea, später zog sie nach Brüssel.
Erst 1990, als die Apartheid endete, kehrte sie auf Einladung von Nelson Mandela nach Südafrika zurück. Im Jahr 2005 verabschiedete sie sich mit einer 14-monatigen Welttour von ihren Fans. Nur noch für Benifizveranstaltungen kehrte sie danach noch auf die Bühne zurück. Am Sonntag war sie der Star eines Solidaritätskonzerts für den Anti-Mafia-Aktivisten Roberto Saviano in der Nähe von Neapel. Dabei erlitt sie einen Herzinfarkt, an dessen Folgen sie starb
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