zum Hauptinhalt
Immer noch ein dolles Vergnügen: Die New York Dolls, von links nach rechts: Sylvain Sylvain und David Johansen.
© Promo

New York Dolls im SO36: Je oller, je doller

Lederjacken, ledrige Gesichtszüge, messerscharfe Riffs: Die New York Dolls zelebrieren im SO36 den frühen Punkrock. Und obwohl Frontmann Johnny Thunders bereits 1991 an einer Überdosis starb: Der Geist des Rock'n'Roll ist auch mit zwei Dolls mehr als lebendig.

Tosender Jubel um viertel nach zehn und ein starker Sog zur Bühne, während Jackie DeShannon noch aus der Konserve singt: "I can feel a strange sensation taking place / I can hear the guitars playing lovely tunes / Everytime that you walk in the room…"

Man spürt ein seltsames Knistern, die New York Dolls marschieren in den Raum, auf die Bühne vom SO36, und schon krachen die Gitarren dieser Gang. Verzerrt und schmutzig legen sie los. Laut und lustig. Ledrige Gesichtszüge, Lederjacken, dunkle Brillen.

Der Kopf von Sylvain Sylvain verschwindet in einer Ballonmütze (auch aus Leder), während sein Körper elektrisiert in Fahrt kommt, und messerscharfe Riffs aus seiner Gibson SG springen. Dicht daneben David Johansen mit fluderigen Mod-Haaren und einem Ausdruck zwischen zerknautschtem Andy Warhol, Mick Jagger und "Spitting Image". Mit metallisch knirschender Stimme raspelt er: "You know I can't be wasting time / Cuz gotta get my fun / I got to keep on moving / Can't stop til it's all done…"

Und so ist es dann auch: keine Zeitverschwendung, anderthalb Stunden Spaß für Band und Fans, alles in ständiger Bewegung: Tanzen auf und vor der Bühne. Vom ersten Song bis zum Ende.

"Looking For A Kiss" stammt vom ersten der nur zwei Alben, die die New York Dolls in Originalbesetzung 1973 und 74 veröffentlicht haben. Obwohl sie damit keinen großen kommerziellen Erfolg hatten, wurden sie mit ihrer dreckig gespielten Mischung aus Rolling-Stones-Anleihen, Glam-Rock, Girl-Group-Doowop und New Yorker Großstadthärte zu Kulthelden der späteren Punk-Bewegung und Inspiration unzähliger Nachfolger-Bands.

Von der Urbesetzung, der auch der legendäre, 1991 an einer Überdosis Heroin gestorbene Johnny Thunders angehörte, sind nur noch Sylvain und Johansen übrig. Doch die knalligen alten Songs und der gute alte Geist des Rock 'n' Roll, der Spaß und die Leidenschaft sind noch da. Roher und ruppiger gespielt als auf dem gerade erschienenen Album "Dancing Backward In High Heels" reihen sich die neuen Songs organisch zusammen mit den alten Krachern "Private World", "Who Are The Mystery Girls", "Trash", "Jet Boy", "Personality Crisis", sowie dem rasanten Bo-Diddley-Cover "Pills".

Hinten bilden Drummer Brian Delaney und Bassist Jason Hill ein starkes rhythmisches Rückgrat, während sich vorne Sylvain und der ehemalige David-Bowie-Gitarrist Earl Slick wüste Stromduelle liefern, Johansen die Harmonika kreischen lässt und zwischendrin auch mal eine feine Soul-Ballade brummelt.

Die New York Dolls sind immer noch ein dolles Vergnügen.

Zur Startseite