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Tine Thing Helseth, 29, spielt ihre Clarintrompete wie eine hochexpressive Stimme.
© Paul Mitchell

Tine Thing Helseth in der Komischen Oper: Norwegische Virtuosität

Die Echopreisträgerin spielt die Trompetenkonzerte von Albinoni und Vivaldi und füllt den Raum mit dem warmen, leuchtenden Ton ihrer Clarintrompete. Die Begeisterung kennt keine Grenzen.

Andreas Moritz, der Orchesterdirektor der Komischen Oper, ist wahnsinnig stolz: Vor dem Sinfoniekonzert am Freitag verkündet er strahlend, dass es ihm gelungen sei, für „die Echo-Preisträgerin und weltweit gefeierte Interpretin“ Alison Balsom, die sich 30 Stunden vor ihrem geplanten Auftritt krankmelden musste, „die Echo-Preisträgerin und weltweit gefeierte Interpretin“ Tine Thing Helseth zu gewinnen. Wahrlich ein würdiger Ersatz. Doch die norwegische Virtuosin braucht gar nicht auf den Dankbarkeits-Faktor des Publikums zu setzen.

Sie gewinnt alle Herzen im Handumdrehen durch ihr natürliches Auftreten, ihr Scarlett-Johansson-Lächeln – und mit einem faszinierend vielschichtigen Spiel, das außerdem absolut selbstverständlich wirkt. Ganz ohne roten Kopf meistert Tine Thing Helseth die Trompetenkonzerte von Albinoni und Vivaldi auf der kleinen Clarintrompete, mühelos füllt ihr warmer, leuchtender Ton den ganzen Raum, wie eine besonders kraftvolle, hochexpressive Singstimme. Als sie dann noch eine innige Volksweise aus ihrer nordischen Heimat als Zugabe spendiert, kennt die Begeisterung keine Grenzen.

Die Idee, zwischen die beiden Konzerte aus dem 18. Jahrhundert Strawinskys Barockmusik-Paraphrase „Pulcinella“ einzuschieben, wirkt auf dem Papier witzig. Im Praxistest allerdings erscheint die Nachbearbeitung dann doch klanglich arg schmalbrüstig. Vor allem im Vergleich mit den Originalen von Albinoni und Vivaldi, die das Orchester der Komischen Oper so frisch und festlich spielt.

Großartig gelingt dem jungen lettischen Maestro Ainars Rubikis Beethovens „Eroica“. Schnell sind seine Tempi, manchmal geradezu rasant, energetisch drängt diese Musik vorwärts, mit lebhaftem Puls, der Zukunft zugewandt. Als gelernter Chordirigent legt Rubikis auch im Orchestralen großen Wert auf Artikulation, auf klare Struktur und die Durchhörbarkeit der Stimmen. Die stilistisch wendigen Musikerinnen und Musiker des Hauses haben keine Probleme, ihm dabei zu folgen, ja es gelingt ihnen sogar, den Hörern von heute zu verdeutlichen, dass dieser Klassiker einst Avantgarde war, voll überraschender Wendungen und unerhörter Innovationen – eine echte Herausforderung für das Publikum der Uraufführung vor 212 Jahren.

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