Chef der Wiener Kunsthalle tritt zurück: Nicht mit den Rechten an einen Tisch
Nicolaus Schafhausen gibt seinen Posten aus Protest gegen das politische Klima in Österreich ab.
Der Vorwurf sitzt. Aus Protest gegen das politische Klima hat Nicolaus Schafhausen, der Direktor der Wiener Kunsthalle, angekündigt, seinen Posten im Frühjahr 2019 niederzulegen – drei Jahre vor dem ursprünglichen Vertragsende. Der gebürtige Düsseldorfer verlässt eines von Österreichs renommiertesten Ausstellungshäuser für zeitgenössische Kunst. Erst im vergangenen Jahr war ihm für eine zweite Amtszeit bis 2022 verlängert worden. Der 53-Jährige geht damit einen Schritt, den Beobachter schon länger seit Bildung der neuen Regierung aus konservativer ÖVP und rechter FPÖ im Dezember vergangenen Jahres erwartet hatten. Er wirft die Brocken hin.
„In der derzeitigen nationalistischen Politik in Österreich und der europäischen Situation sehe ich die Wirkungsmächtigkeit von Kulturinstitutionen wie der Kunsthalle für die Zukunft infrage gestellt“, lautete Schafhausens offizielle Erklärung und kündigte an, sich ab nächstem Jahr außerhalb einer klassischen Institution betätigen zu wollen. Der Rückzug verwundert nicht, kann sich der Kurator doch ausrechnen, dass er für sein streitbares Programm in der neuen Konstellation auf Bundesebene keine Unterstützung mehr finden dürfte, auch wenn in Wien selbst eine rot-grüne Regierung das Sagen hat. So präsentierte er 2015/16 die Ausstellung „Politischer Populismus“ zu Mechanismen populistischer Bewegungen. In Interviews, die Schafhausen bundesdeutschen Zeitungen und Magazinen gab, führte der Kurator genauer aus, warum er aufgibt: weil er sich mit Vertretern der FPÖ nicht an einen Tisch setzen, geschweige denn mit ihnen verhandeln könne. Der Auftrag der Wiener Kunsthalle stelle das Gegenteil von Nationalismus dar.
Die österreichischen Medien reagierten prompt. So bedankte sich „Der Standard“ maliziös beim deutschen Feuilleton für die über Bande gespielte Aufklärung: Das „von windigen Populisten geblendete Österreich“ sehe nun klarer. Die ebenfalls in Wien erscheinende Tageszeitung „Die Presse“ interessierte dagegen vor allem der Zeitpunkt von Schafhausens Bekanntmachung, warum er nicht sogleich die Koffer gepackt habe. Schließlich bestehe die neue Bundesregierung schon eine Weile länger. „Die Presse“ sieht einen Zusammenhang mit dem kurz zuvor angekündigten Rücktritt des für die Kunsthalle zuständigen Kultur-Stadtrats, der nun nicht mehr seine schützende Hand über Schafhausen hält.
Damit sieht es nach einer grundsätzlichen Veränderung in der kulturellen Gemengelage der österreichischem Hauptstadt aus. Dass Schafhausen mit Aplomb seinen Abschied verkündet, ist nur der Donner. Dass er in den Medien seiner Heimat darüber ausführlicher Auskunft gibt, ist der Qualm. Von größerem Interesse müsste das eigentliche Kriegsgetümmel vor Ort sein. In welche Richtung verändert sich sich die kulturpolitische Topographie des Nachbarlandes gerade? Dabei könnte auch eine der jüngsten Ausstellungen Schafhausens mit dem Titel „How To Live Together“ über die Bedingungen gesellschaftlichen Zusammenlebens hilfreich sein.
Nicola Kuhn
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität