zum Hauptinhalt
Bauliche Hülle. Noch steht das Schinkel-Denkmal vor einer Schaufassade – immerhin mit dem Namen „Bauakademie“.
© dpa / Jens Kaläne

Programmwettbewerb: Neue Ideen für die Schinkelsche Bauakademie

Auftakt bei der Wiederrichtung von Schinkels Bauakademie: In einem ersten Wettbewerb präsentieren Architekten, Ingenieure und Kulturmanager ihre Visionen.

Drei ausgiebige Diskussionsforen hatte es im vergangenen Jahr gegeben, um Struktur, Inhalt und bauliche Gestalt der Bauakademie zu klären. Das war erforderlich, denn die Bewilligung von 62 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Schinkelschen Bauakademie durch den Haushaltsausschuss des Bundestages Ende 2016 war überraschend gekommen. Mit einem Mal wollten und sollten alle, die irgendwie mit Architektur zu tun haben, mitreden und mitgestalten.

Im Herbst soll die geplante Nationale Bauakademie mit der Gründung einer Bundesstiftung dieses Namens durch den Deutschen Bundestag ihr organisatorisches Fundament erhalten. Um die Zeit zu überbrücken – so scheint es jedenfalls –, veranstaltete das federführende Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung einen Programmwettbewerb für die „Wiedererrichtung der Bauakademie Berlin als Nationale Bauakademie“.

Ausdrücklich waren neben Architekten und Ingenieuren auch „Ausstellungs-, Veranstaltungs- und Kulturmanager“ zur Teilnahme aufgerufen. 78 Teams reichten Vorschläge ein. Die Ergebnisse und vor allem die fünf gleichrangigen Preisträger, die eine Jury unter Vorsitz des ehemaligen Staatssekretärs im Bauministerium, Florian Pronold (SPD) ermittelt hatte, wurden am Mittwoch unter dem Titel „Ideen, Perspektiven, Bausteine für eine Bauakademie“ vorgestellt.

Vier der fünf Preisträger kommen aus Berlin

Ein Programmwettbewerb, das ist ein Novum. Es geht noch nicht um den am Ende entscheidenden Realisierungswettbewerb – der soll Ende 2018, Anfang 2019 ausgelobt werden –, sondern um eine Zwischenstufe, in die Anregungen aus den Diskussionsforen einfließen sollten. Im Grunde konnte jeder Einreicher seine eigene Vorstellung visualisieren, wie das Haus namens Bauakademie organisiert sein woll, welche Räume für welche Funktionen es enthalten und wie das Ganze aussehen könnte. Es ging wohl auch darum, diejenigen mitzunehmen, die sich in der bisherigen Diskussion nicht ausreichend berücksichtigt fühlten, und der Öffentlichkeit ein Gefühl von „Es geht voran“ zu vermitteln.

Was immer sich die 78 Teilnehmer ausgedacht haben – es wird beim Realisierungswettbewerb, dem einzigen, der am Ende zählt, Schnee von gestern sein. Die jetzige Jury hat dafür gesorgt, dass keinerlei Vorfestlegung stattfand oder so gedeutet werden konnte. Von den Befürwortern des äußerlich originalgetreuen Wiederaufbaus des Schinkelschen Meisterwerks bis zu solchen, die etwas gänzlich anderes auf das Grundstück am Werderschen Markt stellen wollen, sind alle Denkschulen vertreten.

Vier der fünf Preisträger kommen aus Berlin. Das besagt Einiges über den Wettbewerb. Die besten Chancen hatte, wer mit dem bisherigen Ringen um Organisation und Einflussbereiche vertraut war, wer überhaupt ahnt, dass es in einer solchen Bauakademie sehr verschiedenartige Interessen auszutarieren gilt.

Offenhalten, so lautet die Devise

Die einzigen Nicht-Berliner legten bei der Vorstellung am Mittwoch den Finger in genau diese Wunde, als sie erklärten: „Für mehr Dynamik und weniger Seilschaften wird die Bauakademie in einer rotierenden Intendanz geführt.“ Ein markiges Diktum, das die Arbeitsgemeinschaft „studioeuropa Reiner Chillino Architekten Partnerschaft, München mit Fopp Zaugg, Zürich“ – so der komplette Name – äußerte, aber wohl doch nur ein frommer Wunsch. Von Schinkel ist die Arbeitsgemeinschaft am weitesten entfernt: Bis auf die Kubatur ist nichts zu finden, sogar das Stützenraster wird aufgegeben, das ansonsten sogar die Verächter der Schinkelschen Fassaden als ein revolutionäres Element der Architekturentwicklung beibehalten. Dafür formuliert das Team als einziges klare Vorgaben für die Raumverteilung: 30 Prozent Ausstellung, 5 Prozent Gewerbe, 5 Prozent Administration, und 40 Prozent „freier Raum“ – was immer das sein mag.

Offenhalten, so lautet die Devise. HG Merz, in Berlin als Architekt unter anderem des Wiederaufbaus der Staatsbibliothek Unter den Linden eingeführt, lässt sich über das Äußere erst gar nicht aus. Vielmehr legt er rasante Funktionsdiagramme vor, die die Bereiche des Hauses flüssig verbinden. Drei Programmbereiche werden „eng miteinander verzahnt“, die „Akademie“ (darunter Ausstellungen), „Ereignis“ (etwa Festivals oder Popup-Stores) und „Vernetzung“ (vor allem Konferenzen). Für alle Räume und Bauteile gilt: „Alle nicht statischen Elemente sind daher modular und dynamisch.“

Über die Anordnung der Funktionsbereiche in den drei Geschossen des Schinkelschen Ur-Baus lässt sich hingegen Ulrich Müller nicht weiter aus. Der rührige Leiter der Architekturgalerie Berlin in der Karl-Marx-Allee hat in seinem gemeinsam mit AFF Architekten erarbeiteten Vorschlag die Lockworte „lebendiges Netzwerk“ und „internationaler Hotspot“ eingestreut. Greifbar wird die Aussage zur Architektur. Sie solle „die Parameter der Schinkelschen Bauakademie reflektieren: Kubatur, Erschließungslogik, Innenhof, Verhältnis Wand/Öffnung, Fassadengleichheit, Grundraster und Geschosshöhen“. Das kann, muss aber nicht die Wiederherstellung des Originals bedeuten, wenngleich „originale Bauteile im Sinne einer Bricolage“ integriert werden sollen.

Man kann den Teilnehmern keinen Vorwurf machen

Ebenfalls auf die Inhalte der Akademie konzentriert hat sich Beate Engelhorn von limited edition architecture, dabei aber auf jeden Jargon verzichtet. Man merkt, dass die Entwurfsverfasserin mit dem Handwerk der Architekturvermittlung vertraut ist; hauptberuflich ist sie bei der Architekturgalerie Aedes tätig. Sie weiß mit den von Schinkel überkommenen Grundrissen und deren Rastern umzugehen, um die unterschiedlichen Funktionen unterzubringen. Um eine „Kernzone“ – einen bei Schinkel nicht vorhandenen Lichthof – gruppiert sie Programmbereiche und Restaurant im Erdgeschoss, die Ausstellungsflächen darüber. Ohnehin ist ihr Programm stark auf Vermittlung gerichtet, nicht notwendigerweise im Haus selbst.

Von Schinkel nicht viel mehr als die „Kubatur“, also das Volumen und dessen Abmaße, übernimmt schließlich Clemens Dreher. Er entwirft eine Collage aus erhaltenen oder ans Vergangene erinnernden Elementen nach Art der seit Jahren aufgemauerten „Musterecke“ des Bauwerks, die sich in eine Medienfassade als „dreidimensionaler Wechselrahmen“ einfügen. Über diese gläserne Haut „werden die wechselnden Themen und Programme allseitig im Stadtraum präsentiert“. Und die Raumaufteilung? „Die Nutzer können Flächen bedarfsgemäß für ihre Veranstaltungen buchen.“

Das ist denn wohl doch ein bisschen zu „fluid“. Oder beliebig? Man kann den Teilnehmern dieses merkwürdigen Ideenwettbewerbs dennoch keinen Vorwurf machen. Erst wenn ein Raumprogramm vorliegt und die Übernahmen von Elementen und Prinzipien des ursprünglichen Schinkel-Bauwerks konkretisiert sind, können diskutable Vorschläge erwartet werden. Bis dahin darf ein jeder seine Gedanken schweifen lassen.

Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Ernst-Reuter-Haus, Straße des 17. Juni 112, bis 6. Juli. Mo – Fr 9 – 18 Uhr

Zur Startseite