Thalbach-Premiere am Ku'damm: Mutter Wolffen und ihre Kinder
Katharina Thalbach und Familie in "Roter Hahn im Biberpelz" in der Komödie am Kurfürstendamm.
Das Familientreffen ist das Ereignis. Auf der Bühne stehen Katharina Thalbach, Tochter Anna und, erstmals, Enkelin Nellie. Halbbruder Pierre Besson zählt zum Ensemble. Regie führt Philippe Besson. Thalbach-Besson-Begegnungen hat es zwischen Theater und „SoKo“ schon oft gegeben, in dieser Konstellation aber eben noch nie. Dazu feiert just am Premierentag die Leading Lady Kathi ihren 60. Geburtstag. Entsprechend großer Auftrieb in der Komödie am Kurfürstendamm. Klar, dass sich weder Claus & Klaus (Peymann und Wowereit), noch Starfriseur Udo Walz, noch die anderen üblichen Verdächtigen aus der Charlottenburger Hautevolee diese Promi-Sause entgehen lassen wollen. Genau so klar, dass auf der Bühne auch ein plattdeutscher Schwank mit Tanzeinlagen gegeben werden könnte, und am Ende trotzdem gejubelt würde.
Auf dem Programm steht allerdings ein Gerhart-Hauptmann-Doppel: „Roter Hahn im Biberpelz“, die Verschränkung des bekannten Lustspiels und der weniger bekannten Tragikomödie. Bertolt Brecht hat bereits 1950 beide Stücke zu einer klassenkämpferischen Version fusioniert, die im Folgejahr in der Regie von Egon Monk am Berliner Ensemble lief. Bis sie von den Hauptmann-Erben verboten wurde. Das steht bei der Fassung, die Philippe Besson zusammen mit Jan Liedtke erstellt hat, nicht zu befürchten. Die hat den Segen der singenden Enkelin Anja Hauptmann. Zumal deren Sohn – Emanuel Hauptmann – die Musik zum Stück verantwortet. Und Schlagzeuger im Programm ist, das Katharina Thalbach zusammen mit Andreja Schneider in der Bar jeder Vernunft aufführt. Also, wirklich alles Familie hier.
Die Jubilarin steht natürlich ganz im Zentrum des Geschehens: als Mutter Wolffen, die hemdsärmelige Wäscherin aus Hauptmanns „Biberpelz“, der sich im Untertitel eine „Diebeskomödie“ nennt. Schon beim ersten Auftritt weidet die Madame beherzt einen gewilderten Rehbock aus. Wenig zimperlich geht sie auch mit Tochter Leontine (Anna Thalbach) um, die gerade ihre Stellung beim Rentier Krüger (Roland Kuchenbuch) geschmissen hat. Und auch Adelheid (Nellie Thalbach, die das Familientalent geerbt hat) und der nichtsnutzige Binnenschiffer-Gemahl Julius (Pierre Besson) kriegen regelmäßig volle Breitseiten der gefürchteten Kodderschnauze ab. Hilft ja nüscht. Muttern muss die Familie durchbringen. Und dafür schreckt sie auch vor kleinen Gaunereien, wie dem krummen Verkauf des Biberpelzes nicht zurück. Womit sie davonkommt, weil der Amtsvorsteher von Wehrhahn (wieder Pierre), der die Anzeige verfolgen soll, eine trübe Tasse ist.
Eine Paraderolle für Kathi Thalbach. Die berlinert sich mit prallem Volkstheatercharme durch den Part und lacht sich ins Fäustchen, während die Herren von der Obrigkeit im Dunkeln tappen oder in Scheiße treten – seltsamer Regieeinfall nebenbei, der ziemlich breit auswalzt wird. Feinsinn oder Figurendurchdringung sollte man hier ohnehin nicht erwarten. Alle Zeichen stehen, zumindest im ersten Teil des Abends, auf Bauerntheater. Der notorische Momme Röhrbein hat die entsprechende Bühne gebaut. Einen Gitterverschlag mit raumfüllender hölzerner Treppe. Einen Stall für den Komödienstadl, den Philippe Besson als treppauf-treppab-Boulevard inszeniert.
Besser wird's nach der Pause, wenn die Schauspieler Zunder geben. Zwölf Jahre später hat Witwe Wolffen den Schuster Fielitz (Jörg Seyer) geheiratet und ihre kleinkriminellen Ambitionen in Richtung Brandstiftung und Versicherungsbetrug forciert. Wobei sie die Schuld auf den zurückgebliebenen Gendarmen-Sohn Gustav (wiederum Nellie) schiebt. Das ist kein Spaß mehr, beschert Wolffen aber einen tollen Erkenntnismoment über die menschliche Gier, wenn sie kurz vor dem Ableben die Hände gen Himmel reckt und barmt: „Man langt, man langt immer so nach was!“ Großer Jubel am Ende. Patrick Wildermann
Vorstellungen bis 23. Februar
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