James-Brown-Biopic "Get On Up": Mister Dynamite
Dynamisch und unterhaltsam: Tate Taylors „Get On Up“ über das Leben von James Brown besticht vor allem durch die Konzertszenen und den tollen Hauptdarsteller Chadwick Boseman.
Auf der eins muss es knallen. So lautet eines der Stilgesetze, die James Brown für seine Musik festgelegt hat. Also knallt es – nach einem kurzen Intro – auch in der ersten Szene von Tate Taylors sehenswertem Biopic über den „hardest working man in show business“: In grünem Trainingsanzug und zweifelhafter Geistesverfassung spaziert der Meister 1988 in einen Schulungsraum voller Menschen. Über der Schulter trägt er ein Gewehr, mit dem er nach einer wirren Ansprache in die Decke schießt.
Das Manische und das Geniale des 1933 in ärmlichen Verhältnissen geborenen Musikers steht im Zentrum von „Get On Up“, der nicht chronologisch erzählt ist, sondern in Episoden munter durch die Jahrzehnte springt. Wie die Funk-Songs von James Brown steht der Film dadurch ständig unter Spannung, hat Tempo und Schwung.
Mehrmals blickt Taylor, der zuletzt das Hausangestelltendrama „The Help“ inszenierte, in Browns Kindheit (Jamarion und Jordan Scott) zurück. Seine Eltern, die in einer Waldhütte in South Carolina leben, haben eine gewalttätiges Hass-Liebe-Verhältnis zueinander, das irgendwann zerbricht. Die Mutter wird Prostituierte, und der Vater gibt den Sohn nach einer Weile bei einer warmherzigen Tante (Octavia Spencer) ab, die einen Puff führt. Der Junge macht sich als Werber des Freudenhauses nützlich.
James Brown steht unter Strom, spricht direkt in die Kamera
Meistens jedoch ist der erwachsene Sänger James Brown zu sehen, den Chadwick Boseman fulminant verkörpert. Bisher vor allem als TV-Serien-Darsteller aktiv, schmeißt er sich athletisch in diverse Inkarnationen des Mister Dynamite – gut unterscheidbar durch die wechselnden Frisuren. Obwohl Boseman nicht selbst singt, gehören die Bühnenszenen zu den Höhepunkten des Films. Als der junge Brown mit seiner Band in der Pause eines Little-Richard-Konzerts Instrumente und Mikrofon kapert, verkörpert er perfekt das einnehmende Charisma eines Sängers, dessen Starpower bereits durchschimmert. Später – es ist das Jahr 1971 – zeigt sich Browns Potenzial in Vollendung: Im knallgelben Jumpsuit tobt er „Sex Machine“-singend über die Bühne, gleich danach „Soul Power“. Bam! Spagat! Jubel! In diesen Momenten sind die Kraft und die Faszination seines damals neuen und bald vielfach kopierten Sounds deutlich zu spüren.
Auch spielt der Film an exemplarischen Szenen durch, wie diktatorisch James Brown seine Bands führte und wie mies er seine Ehefrauen behandelte. Wichtiger ist Taylor allerdings die Freundschaft zwischen Brown und seinem Pianisten, Einheizer und Bandleader Bobby Byrd (Nelsan Ellis). Der besonnene Musiker, den er im Gefängnis kennengelernt hatte, bildet einen Gegenpol zum ständig unter Strom stehenden Protagonisten, der auch immer wieder direkt in die Kamera spricht. Zwischen beiden finden sich die anrührendsten Momente des Films. Etwa als sie sich in den Neunzigern nach langer Funkstille wiedersehen, die auf ein Zerwürfnis folgte, und der Star Byrd zum Konzert einlädt. Dort singt er ein Stück nur für ihn – eine Bitte um Vergebung.
An herausragende Musik-Biopics wie „Ray“, „Control“ oder „I’m Not There“ reicht „Get On Up“ nicht ganz heran. Doch in der Nähe von „Walk The Line“ oder „What’s Love Got To Do With It“ bewegt sich das von Mick Jagger koproduzierte Werk durchaus. Es passt zudem in die heutige Zeit, in der die Soul- und Funkmusik der Sechziger und Siebziger ein Revival erfuhr und zum Vorbild vieler aktueller Bands wurde.
Einmal sagt James Brown: „Selbst wenn du keine einzige Platte von mir im Regal hast, ist auf jeder deiner Platten etwas von mir.“ Gewohnt egomanisch und größenwahnsinnig, diese Ansage, doch etwas Wahres ist dran.
In 13 Berliner Kinos, OmU: Filmtheater am Friedrichshain, International, Odeon, Passage
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