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Der Sänger Thomas E. Bauer.
© Marco Borggreve

Konzerthaus Berlin: Mein Bach, dein Bach

Der junge Pianist Kit Armstrong begleitet den Bariton Thomas E. Bauer bei einem Bach-Programm im Konzerthaus.

Auf dem Notenpult des Bechstein-Flügels steht ein Tablet und erübrigt das Umblättern von Papier. Die Kombination des Instruments aus altehrwürdiger Tradition mit jüngster Technik wählt ein virtuoser Pianist, – um Bach zu spielen. Kit Armstrong heißt er, Amerikaner aus Los Angeles, 23 Jahre jung, und seine Blitzkarriere hat wesentlich damit zu tun, dass er als Junge mit 13 Jahren Alfred Brendel kennenlernte, der ihm Lehrer und Mentor geworden ist.

Johann Sebastian Bach erklingt an diesem Abend im Kleinen Saal des Konzerthauses in einem Gewand der Verfremdung, denn es geht nicht um genuine Klaviermusik. In eigener Transkription hat sich Armstrong, der auch als Komponist arbeitet, Choralvorspiele und -bearbeitungen und zudem sogar die Begleitung von Kantaten Bachs eingerichtet.

Transkription ist legitime Praxis der Bachzeit. Was auf der Orgel trillert, hat der Pianist getreulich auf sein Instrument übernommen: „Wer nur den lieben Gott lässt walten.“ Stets dominiert der Cantus firmus, wie er auch fugierend und verzierend umspielt wird oder original im Pedal liegt. Es sind Interpretationen von poetischer Klarheit.

Schwieriger wird es, wenn konzertierende Instrumente wie Oboen oder Streicher, die den Gesang umgeben, in die Klavierbegleitung verbannt werden. Mit der Kantate „Ich will den Kreuzstab gerne tragen“ steht der Sänger Thomas E. Bauer vor dem Flügel wie beim Vortrag von Schubertliedern. Seine Stimme indes ist Teil der Kontrapunktik, der unselbständig wirkt, obwohl Armstrong pianistische Sorgfalt aufbietet. Fehlt das Cello in dem Rezitativ „Mein Wandel auf der Welt/Ist einer Schifffahrt gleich“, wird die Bewegung der Wellen auf dem Meer weniger pointiert.

Arie mit Jenseits-Mystik: Thomas E. Bauer singt mit hoher Intensität

Für die Kantate „Ich habe genug“ – nämlich vom weltlichen Leben – hatte Philippe Jaroussky kürzlich im Dezember das Freiburger Barockorchester um sich. Solche Partnerschaft kann das Klavier nicht bieten. Etwas anderes aber übertrifft jene Interpretation, nämlich der Affekt. Bauer singt mit vorbildlicher Textverständlichkeit und Intensität, so dass die Darstellung der Gemütsbewegung über das Notenbild hinaus in den Mittelpunkt rückt: etwa die Jenseitsmystik in der wunderbaren Arie „Schlummert ein, ihr matten Augen“, die sich auf den greisen Simeon des Lukas-Evangeliums beruft.

Faszinierend in beiden Kantaten gerät die freudig-bewegte Stimmung, die der barocken Seele die Aussicht vergoldet, von hinnen zu scheiden. Das irdische „Joch“ wird abgetan, denn „Ich freue mich auf meinen Tod“. Als Musiker treffen Armstrong und Bauer sich hier in affektuoser Begeisterung.

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