Autonome Szene gegen Lisa Eckhart: Literaturfestival lädt umstrittene Kabarettistin nach Drohungen aus
Lisa Eckhart sollte beim Harbourfront Literaturfestival ihren Debütroman vorstellen. Aufgrund von Drohungen aus der autonomen Szene wurde ihr Auftritt abgesagt.
Keine Frage, sie polarisiert. Das Programm „Die Vorteile des Lasters“, mit dem Lisa Eckhart ab 4. September in Berlin wieder mal im Tipi am Kanzleramt zu sehen ist, strotzt nur so vor Arroganz und Manierismen.
In gedrechselten Sätze, die man mitunter gern zurückspulen würde, um die Pointe nicht zu verpassen, konstatiert die Kabarettistin den Verlust der Religion. „Es war nicht alles schlecht unter Gott. Gut war zum Beispiel, dass alles schlecht war. Denn alles, was man tat, war Sünde“, heißt es da zu Beginn der Suada, die den Verlust der Hölle als Freifahrtschein für das windelweiche, todlangweilige „Anything goes“ der Postmoderne beklagt.
Provokation in Versace-Gewändern
Bornierte Filterblasen-Positionen, für das Künstlertum unfruchtbare Toleranz, moralische Haltungen – all das ist der rigiden Gesinnungsopportunistin ein Dorn im Auge. Die am bösen österreichischen Humor geschulte Zynikerin ist eine Provokation in Versace-Gewändern. Einen eigenwilligeren Neuzugang als die in Leipzig lebende Österreicherin hat die in Kumpeltypen ersaufende deutschsprachige Comedyszene seit Jahren nicht gesehen.
Erst 28 und schon umstritten. Im Mai hat eine eigentlich aus 2018 stammende, aber nun nochmal auf Facebook geteilte Ausgabe der WDR-Sendung „Mitternachtsspitzen“ ihr den Vorwurf Antisemitismus eingetragen. Selbst der Beauftrage der Bundesregierung, Felix Klein, kritisierte ihre Witze als „geschmacklos und kritikwürdig“.
Donnerstag folgte nun der nächste Knall. Das „Harbour Front Festival“ in Hamburg hat Lisa Eckhart ausgeladen. Ursprünglich sollte sie dort am 14. September ihren Roman „Omama“ vorstellen.
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Nach Informationen des „Spiegel“ hatte der Betreiber des Veranstaltungsortes „Nochtspeicher“ gegenüber der Festivalleitung jedoch Bedenken gegen den Auftritt formuliert. Der „Nochtspeicher“ sagte ab, weil er die Sicherheit von Künstlerin und Publikum angesichts von Drohungen aus der linksautonomen Szene nicht gewährleisten könne. „Es ist unseres Erachtens sinnlos, eine Veranstaltung anzusetzen, bei der klar ist, dass sie gesprengt werden wird, und sogar Sach- und Personenschäden wahrscheinlich sind“, zitierte der „Spiegel“ aus einer Mail der Betreiber.
„Wir haben die Veranstaltung nicht verhindern wollen“
„Wir hatten kein Problem damit, eine Veranstaltung mit Frau Eckhart zu machen, und haben es auch heute nicht“, sagte Nikolaus Hansen, einer der drei Leiter des Festivals, am Donnerstag. Das Problem sei vielmehr gewesen, dass nach der Absage des „Nochtspeichers“ keine räumliche Möglichkeit für das geplante Format mehr gegeben sei. „Wir haben die Veranstaltung nicht verhindern wollen, sondern alles getan, um sie zu ermöglichen“, bedauerte Hansen. „Für uns ist diese Absage schrecklich.“ Lisa Eckhart selbst äußert sich derzeit nicht.
Anders als Herbert Ohrlinger, der Leiter ihres Verlags Zsolnay, bei dem der Roman „Omama“ am 17. August erscheint: „Eine Autorin mit ihrem ersten Roman zuerst auf die Shortlist für einen Preis zu setzen und sie dann mir nichts, dir nichts von der Präsentation auszuschließen, weil ein Lüfterl durch den Hamburger Hafen weht, ist schon ein starkes Stück." Er wolle sich nicht vorstellen, „zu welchem Ende solche Anwandlungen von Zensurgelüsten führen können.“
Kabarettist Dieter Nuhr, in dessen TV-Sendung Lisa Eckhart regelmäßig zu Gast ist, hat sich ebenfalls auf ihre Seite gestellt. Er bezeichnete die Ausladung als „Skandal“. „Der Protestmob auf der Straße entscheidet also darüber, wer hier bei uns seine Kunst ausüben darf“, schrieb er auf Facebook.
Unabhängig vom Literaturfestival stellt Lisa Eckhart ihr Buch am 3. September im Hamburger Literaturhaus vor. In Berlin tritt sie damit am 6. September in der Bar jeder Vernunft auf. (mit dpa)
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