Liza Minelli zum 70.: Life is a Cabaret
Stern am Showhimmel: Der großen Sängerin und Schauspielerin Liza Minnelli zum 70. Geburtstag.
Eine wie sie live zu erleben, ist eine Angstlustpartie. Sieht sie sich noch ähnlich? Singt sie noch wie sie? Die Zeit kann grausam sein zu Ikonen. Und tatsächlich war Liza Minnelli bei ihrem letzten Berliner Konzert 2009 im keineswegs ausverkauften Friedrichstadt-Palast ein wenig lädiert. Rosensträuße und Ovationen hagelte es trotzdem. Die Publikumsliebe kann gnädig sein zu Diven. Und am Ende, bei der von ihr ganz ohne den typischen darstellerischen Furor dargebotene A-capella-Version der Sehnsuchtsballade „I’ll be seeing you“, da fühlt es sich doch noch an, als würden Sternschnuppen vom Himmel regnen. Da sind Mythos und Wirklichkeit deckungsgleich. Dank „Liza with a Z“, so der Titelsong eines berühmt gewordenen Fernsehspecials, das die Musicalkönige John Kander, Fred Ebb und Bob Fosse ihr 1972 auf den immer unter Dampf stehenden Leib geschneidert haben.
Es ist das große Jahr der Sängerin und Schauspielerin, die zu den ganz wenigen Showgrößen gehört, die sowohl mit dem Oscar als auch mit dem Grammy, dem Emmy und dem Tony-Award ausgezeichnet wurden. Bob Fosse gibt ihr die Hauptrolle der Sally Bowles in seinem brillanten Filmmusical „Cabaret“. Seither ist das Bild von Liza Minnelli unverbrüchlich mit künstlichen Wimpern, schwarzem Bubikopf und Kander-Ebb-Songs wie „Maybe this time“ und „Life is a cabaret“ verbunden. Auch ihre in vielen Interviews bis heute geäußerte Überzeugung, dass es sich bei Fritz Wepper um einen der wichtigsten deutschen Schauspieler überhaupt handelt, resultiert aus den hauptsächlich in München erlebten Dreharbeiten zu dem im Berlin der Dreißiger, am Vorabend der Nazi-Dämmerung, spielenden Musikfilm.
Die Essenz des American Showbiz
Liza Minnelli! Der Name klingt nicht nur wie die aus vielen Kulturen gespeiste Essenz des American Showbiz. Die am 12. März 1946 in Los Angeles geborene Sängerin und Schauspielerin verkörpert es auch wie außer ihr nur noch Barbra Streisand. Minnellis Mutter ist die unvergleichliche Judy Garland, ihr Vater der Musicalregisseur Vincente Minnelli, der Kinoträume wie „Ein Amerikaner in Paris“, „Brigadoon“ oder „Gigi“ geschaffen hat. Mit Ira Gershwin als Patenonkel, Humphrey Bogart und Frank Sinatra als Nachbarn und Charles Aznavour als Freund und Förderer blieb der jungen Liza kaum anderes übrig, als selbst ein Stern am Showhimmel zu werden. Mit einer druckvollen Stimme und dieser Ich-singe-um-mein-Leben-Aura, die der ihrer Mutter ähnelt. Und mit einer schimmernden Zerbrechlichkeit, einer um Haltung ringenden Melancholie, die sowohl bei ihrer Darstellung der Sally Bowles wie bei der der unglücklich liebenden Sängerin Francine Evans in Martin Scorseses wunderbar tragischem Musikfilm „New York, New York“ von 1977 berührt. Den Kander-Ebb-Titelsong hat sich später Frank Sinatra ausgeborgt, aber eigentlich ist es die Überlebens-Hymne der langjährigen New Yorkerin Liza Minnelli.
Glanz und Elend des Klatschspaltenlebens hat die Stamminsassin der Betty-Ford-Entzugsklinik weidlich erfahren. Vier Ehemänner, vier Scheidungen, Krankheiten, Operationen, Prügelattacken und vergangenes Jahr erst eine wegen mangelhafter Kartennachfrage abgeblasene England-Tournee – in Liza Minnellis an Höhenflügen wie Abstürzen überreichem Leben ist alles dabei. In Interviews zeigt sie sich trotzdem als Stehauffrau von trockenem Humor. Was soll auch sein? „Life is a cabaret, old chum!“
Ein schönes Beispiel für den Mutterwitz der am heutigen Samstag den 70. Geburtstag feiernden Entertainerin ist die Antwort auf eine Frage, die ihr der Tagesspiegel 2009 in einem Interview stellte: „Was ist die wichtigste Lektion, die Sie ihn Ihrem Leben bisher gelernt haben?“ Darauf Liza Minnelli: „Dass ,Nein‘ ein vollständiger Satz ist.“
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