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Ein Hauch Helmut Newton: "Yves Saint Laurent".
© dpa

Biopic "Yves Saint Laurent": Liebeserklärung an eine Mode-Legende

Er sah sich als Künstler und verfiel dem Kokain: Yves Saint Laurent, über Jahrzehnte neben Dior der dominierende französische Modezar. Nun gibt's das bewegte Leben des YSL im Kino - als Liebeserklärung seines Partners Pierre Bergé.

Oh, was für ein fauler Nachmittag. Halb vier, Zeit für ein Kaffeekränzchen, während draußen die Schatten am Hafen in algerischen Oman länger werden – und, da wir uns in der französischen Kolonie anno 1957 befinden, das Geschnatter der Damen etwas ausgelassener wird. Madame Saint-Laurent ist ganz stolz, dass ihr 21-jähriger Sohn bei dem Haute-Couturier Christian Dior als Designer in Paris anfangen wird. Und erzählt, wie Yves bereits als kleiner Junge seine Tante angeraunzt habe, weil sie so ein schreckliches Kleid angezogen hatte. Höfliches Gekicher, während der junge Mann aus dem ersten Stock sehnsuchtsvoll auf den arabischen Jüngling im Hof schaut.

Mit dieser sehr höflichen Anekdote beginnt „Yves Saint Laurent“, das Biopic über einen der größten Modedesigner Frankreichs und seinen langjährigen Liebes-, Lebens- und Geschäftspartner Pierre Bergé (natürlich nicht dieser algerische Junge, sondern ein vermögender Pariser Geschäftsmann). Der Film will nicht weniger sein als ein Epos über den Wunderknaben, der zum Star aufstieg, eine Hommage an den verklemmten Jüngling mit Hornbrille, der sich schmetterlingsgleich zum Objekt der Begierde entpuppte. Oder ist er bloß ein „unglaublich teures Werbevideo“, wie es der britische „Guardian" formulierte?

Ja, auf 115 Minuten ist allerhand von den ästhetischen Parametern zu sehen, die das Leben des Modeschöpfers bestimmten. Die Wohnungen sind penibel eingerichtet, die Kleider atemberaubend schön und die Kunstwerke drum herum eine Wucht. In der zweiten Szene des Films werden diese Antiquitäten sorgsam in Kisten verpackt, behutsam gehen die Arbeiter damit um, so zart wie Regisseur Jalil Lespert mit seinem Stoff.

Yves Saint Laurent - Aufstieg und Verfall

Als Saint-Laurent im Juni 2008 starb, organisierte Pierre Bergé im folgenden Februar eine Auktion, um die gemeinsame Kunstsammlung zu versteigern. Er ertrage es nicht, die Objekte allein zu betrachten, teilt der gealterte Bergé zu Filmbeginn mit. Die Rückblende ist Lesperts einziger Kunstgriff, später kommen ein paar Voice-overs hinzu, im Übrigen erzählt der Film die Geschichte vom künstlerischen Aufstieg und körperlichen Verfall zwischen 1957 und 1976 linear.

Schwer erträglich mag für manche Gemüter die Freiheit sein, von der „Yves Saint Laurent“ erzählt. Künstlerisch unabhängig ist der Modemacher schon nach der ersten halben Stunde, da hat er die Arbeit bei Christian Dior verloren und widmet sich seinem zunehmend erfolgreichen Label mit den drei ikonischen Buchstaben. Die Freiheit, die Saint-Laurent und Bergé zelebrieren, ist eine private. Es geht um die Frage: Wie will ich leben?

Ruchlos in vollen Zügen

Natürlich sind beide Männer große Verehrer der französischen Bourgeoisie mit ihren flotten Kleidern, geleckten Frisuren und großzügigen Ancien-RégimeAppartements. Dass der junge Karl Lagerfeld (Nikolai Kinski) Cola per Strohhalm trinkt – irgendwie bäh! Daneben geben sie sich ruchlos in vollen Zügen. Es wird viel gevögelt, Männlein, Weiblein, zu zweit, zu dritt, nur selten verliert jemand darüber ein Wort oder führt das zum Zerwürfnis. Chéri, nicht übertreiben!

Die Liebe kennt bei Yves Saint Laurent nur einen Feind: die Drogen.

Um jeden Verdacht auszuräumen: Das ist kein Hochglanz-Erotikfilm. Die Kamera blendet diskret ab, wenn zwei Körper beinahe kopulieren. Als der junge Saint-Laurent auf einem Sprungbett am Swimmingpool liegt – er trägt nur eine schwarze Badehose, die Grillen zirpen ihr Hitzelied, der locker bekleidete Bergé setzt sich dazu –, hat das etwas von einem Helmut-Newton-Foto. Bei aller Freizügigkeit ist Liebe hier im Kern rührend altmodisch: ein inniger Kuss am Frühstückstisch etwa, während sich Saint Laurent auf den Schoß seines Partners setzt.

YSL und die Drogen

Diese Liebe kennt nur einen Feind: den Drogenkonsum von YSL. Auch den zeigt der Film eher aufgehübscht – mit Kokain-Linien in Kellerclubs und auf der Kommode. Immerhin darf Pierre Niney als Saint-Laurent dann mal Gegenstände an die Wand werfen, sogar schreien, statt sich bloß wie ein Pennäler ständig an die Brille zu fassen.

Der Modeflüsterer: Yves Saint Laurent - kurz YSL.
Der Modeflüsterer: Yves Saint Laurent - kurz YSL.
© dpa

Und die Kleider, über die alle im Film so ein Bohei machen? Nicht jeder kennt den Modekosmos in Paris aus dem Effeff wie die Redakteure in der ersten Reihe der Schauen. Der Laie versteht nicht, was an den Entwürfen so einmalig war, der Kontext bleibt nahezu unerklärt. Keine Frage, „Yves Saint Laurent“ hat hehre Absichten. Aber das ist auch sein Dilemma. Er ist wie ein Kaffeeklatsch von anno dunnemals: harmlos und nur mäßig unterhaltsam.

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