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Affleck
© Berlinale

Wettbewerb: Liebe und Hiebe

Berlinale-Dauergast Michael Winterbottom zeigt "The Killer Inside Me" - der Thriller mit Jessica Alba und Kate Hudson beginnt schockierend brutal.

Schlimme Kindheiten haben schlimme Folgen. Im echten Leben braucht so mancher ein ganzes Leben, um sie abzuschütteln, und schlimm bleiben sie dann immer noch. Im Kino aber werden schlimme Kindheiten immer wieder gern genommen. Besonders im Serienkillerthrillergenre sind sie als Gruselbasis nahezu unverzichtbar. Die meisten Serienkiller hatten eine schlimme Kindheit. Im echten Leben dagegen macht nicht jede schlimme Kindheit einen Serienkiller, und das ist dann auch wieder irgendwie beruhigend.

Lou Ford (Casey Affleck), junger Cop in einer todlangweiligen texanischen Kleinstadt, hatte eine schlimme Kindheit. Er wurde Zeuge, wie sein Vater das Dienstmädchen zur zweisamen Luststeigerung auf den nackten Hintern peitschte, und seither verspürt Lou den nahezu unbezwingbaren Wunsch, Frauen zu schlagen und zu töten. Die Schuld an seinem ersten Mord als Teenager übernahm der ältere Bruder, der nach der Verbüßung der Haft auf einer Baustelle umkam. War es Mord? Hat gar der örtliche Baulöwe Chester Conway (Ned Beatty) Mike töten lassen?

So viel zur Vorgeschichte – in Jim Thompsons Pulp-Krimi „The Killer Inside Me“, auf dem die Verfilmung von Michael Winterbottom basiert. Das Leinwandgeschehen selbst beginnt schockierend brutal: Lou soll bei der Prostituierten Joyce (Jessica Alba) ermitteln und kaum hat sie ihn ein paar Mal geohrfeigt, verliebt er sich in sie, schlägt sie zu seinem und ihrem sexuellen Vergnügen, fesselt sie, besucht sie immer wieder, erpresst gemeinsam mit ihr Chester Conway, dessen Sohn Elmer (Jay Ferguson) ebenfalls eine Affäre mit Joyce hat – und plötzlich bringt Lou Joyce mit einer Serie grausamster Faustschläge um. Kurz darauf macht sich auch der tote Elmer gut in Joyces Wohnung, und so weiter.

Ja, Pulp. Also Schund. Rasanter Schund. Zunächst gelingt es dem intelligenten Psychopathen Lou, sich bei den Revierkollegen rauszureden, doch als gewisse Todesfälle sich häufen, ziehen smartere Ermittler die Register – mit hübschfiesen Überraschungen bis zum Schluss. Ach ja: Muss der Zuschauer um Lous erst arglose, dann ahnungsvolle Freundin Amy (Kate Hudson) bangen? Muss er.

Seit 1995 („Butterfly Kiss“) ist Winterbottom regelmäßiger Gast auf der Berlinale, und vor sieben Jahren hat er mit dem Flüchtlings-Roadmovie „In This World“ den Goldenen Bären gewonnen. Dass er diesen Erfolg allerdings mit „The Killer Inside Me“ wiederholt, dürfte eher unwahrscheinlich sein. Der Noir-Thriller ist ein solide abgeliefertes Auftragswerk im äußerst abgegrasten Terrain des Psychoschockers. Auffallend vielleicht am meisten, welche Ausdauer und reichlich unbändige Lust Winterbottom auf die brutalen Szenen verwendet. Man könnte dies jetzt, um in der Metaphorik des Filmgeschehens zu bleiben, geißeln; man darf es, als zunehmend ermatteter Beobachter dieses Wettbewerbsdurchgangs, vielleicht auch bleiben lassen.

Hinweis: Die vorstehenden Angaben zur Story unterliegen nur sehr beschränkter Gewähr. Die Berlinale zeigte gestern Mittag, wahrscheinlich aus pädagogischen Gründen, die texanische Originalfassung ohne Untertitel – dabei wären hier die sonst Berlinale-üblichen englischen Untertitel durchaus willkommen gewesen. Zudem wurde die Verständlichkeit dadurch erschwert, dass die meisten Dialoge unter genüsslichem Zigarrengeschmauch herausgenuschelt werden. Die Musik war jedenfalls gut.

Heute 12 Uhr, 18 Uhr und 23 Uhr

(Friedrichstadtpalast)

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